Etwa um 1860 verbreitete sich in England und Übersee die Nachricht vom neuen Wunderholz für die Pfeifenproduktion. Die Franzosen schienen ein Holz gefunden zu haben, dass sich besser eignete, als alle Hölzer, die man bisher kannte. Es handelte sich um Bruyere und darunter verstand man automatisch die Knolle der Erica Arborea.

Das aber war eine Fehlinterpretation! „Briar“ entstand durch die falsche Aussprache des französischen „Bruyere“…was übersetzt Heidekraut heißt. Sprachen die Franzosen von Bruyere, waren verschiedenste Heidekrautwurzeln gemeint. So verarbeitete man in Frankreich auch Sassaparille, Wildrosen-,Brombeer- und Himbeerwurzeln und machte daraus Bruyerepfeifen. Somit wird klar, dass es Bruyerepfeifen aus Frankreich lange vor der Entdeckung der Erica Arborea-Knollen gab.

Die Sucher, die stets verschiedene Heidekräuter ausgruben, um so an das Material für die Pfeifenfertigung zu gelangen, entdeckten irgendwann zufällig auch die Baumheide und ihre Knolle als Lieferanten für passendes Holz. DAS ist das ganze Geheimnis um die Entstehung des neuen Holzwunders.
In England und den USA wusste man von alldem nichts. Hier war klar, dass es sich bei „Briar“ automatisch um das Holz der Baumheide handeln musste. BBB und Barling sprangen früh auf diesen Zug auf. Hatte man doch endlich ein edles Material, das so viel besser war, als bisherige Hölzer. Der Briar-Hype war in vollem Gange, als auch Alfred Dunhill auf das Holz aufmerksam wurde.
Für seine zahlungskräftige Kundschaft war er auf der Suche nach dem Besten. Das, so war er überzeugt, hatte er gefunden. Dunhills Einfluss auf die englische Pfeifenwelt war groß und spätestens seitdem er keine Gelegenheit ausließ, das Briar als Nonplusultra anzupreisen, hatte der Siegeszug begonnen. Wer hätte da nach Alternativen suchen wollen, wo der Sieger doch feststand?

Doch es gab diese Suche. Springen wir dazu mal über den großen Teich und ein paar Jahrzehnte zurück. Schon kurz nach Bekanntwerden des neuen Superholzes begann man in den USA nach heimischen Alternativen zu suchen. Nicht unbedingt aus Patriotismus. Pfeifenmacherei war ein Riesengeschäft und man suchte nach Alternativen, um den doch recht kostspieligen Import des französischen Holzes zu umgehen.
1876 erschien in „Cobes Tobacco Plant“ eine Auflistung von 27 Alternativhölzern, die Tests unterzogen wurden. Unter anderen Arten fanden sich da Maulbeere,Zeder,Eiche,Haselnuss, Ahorn…doch keine Sorte konnte die Vorgaben erfüllen. Allerdings mehrten sich da bereits die Stimmen, die drei andere Kandidaten ins Rennen brachten. Den Berglorbeer, Manzanita und den wilden Flieder. Das Wurzelholz des kleinen Manzanitabaums nutzten die Ureinwohner schon lange zum Schnitzen ihrer Pfeifen, Berglorbeer und wilder Flieder waren bevorzugte Hölzer, aus denen sich die Soldaten des Sezessionskrieges ihre Pfeifen geschnitten hatten. Im Gegensatz zur weitläufigen Meinung wurden in diesem Krieg nämlich deutlich mehr Holz-als Tonpfeifen geraucht.

Wirklich ernsthaft wurde die Forschung nach Alternativhölzern aber nicht vorangetrieben.
Trotzdem entstand in den USA eine Produktion aus Berglorbeerpfeifen. Dazu kam bis etwa 1910 das Wurzelholz des französischen Ginsters, der in Kalifornien wächst und dessen Wurzelknolle große Ähnlichkeit zur Erica Arborea aufweist. Den Ruf der „echten Briarpfeife“ konnten diese Pfeifen aber nie gefährden.
Um 1913 erwog die amerikanische Regierung, Zoll auf das importierte Briar aus Frankreich zu erheben, um die heimische Pfeifenproduktion zu stärken. Führte dieser geplante Schritt schon zu erheblichem Widerstand, sorgte der Ausbruch des ersten Weltkrieges vollends für eine Katastrophe.Die Nachfrage nach Pfeifen war ungebrochen, aus Frankreich kamen aber keine Lieferungen mehr.
Um den Markt trotzdem zu versorgen, musste schnell und in großer Menge gehandelt werden.
Es kam die große Stunde des Berglorbeer und der Moment, in dem sein Ruf beinahe völlig ruiniert wurde. Die Beschwerden über das bittere, schnell verkohlende Holz nahmen kein Ende und klingen bis heute nach. Dabei war es keinesfalls die Schuld des Holzes. Da man schnell große Mengen brauchte, war nicht die Zeit, das Holz ausreichend zu trocken und vorzubereiten…und das quittierte der Lorbeer mit entsprechend schlechtem Geschmack.

Nach Ende des Krieges bestand die Lorbeerpfeifenprodukton trotzdem fort. Das Holz wurde besser vorbereitet und Pfeifen aus diesem Material waren bedeutend preiswerter, als die aus Baumheide. Trotzdem blieb das französische Briar (das mittlerweile auch aus anderen Mittelmeerstaaten nach Amerika kam) der unbestrittene Marktführer. Aus sachlichen Gründen? Nun…äh…jein.
Leopold Demuth, einer der größten Pfeifenproduzenten und –händler brachte es 1920 auf den Punkt:“ Ganz gleich, wie viel billiger eine Lorbeerholzpfeife sein mag, sie kann niemals mit dem Briar konkurrieren, weil die Leute es nicht wollen.“

Die weitere Forschung nach alternativen Hölzern trug wilde Blüten. So wurden in weiteren Tests sogar Arbutus, Ebenholz und Olive als untauglich erklärt. Man darf bezweifeln, dass das objektive Tests waren und vermuten, dass diese Tests genau DIE Ergebnisse lieferten, die den Stand der Briar-Importeure festigten. Seltsamerweise wurde bei diesen Tests nämlich nie darauf geachtet, dass die zu testenden Hölzer entsprechend getrocknet und vorbereitet wurden.
In den kommenden Jahrzehnten beruhigte sich der Markt zunehmend, da Briar allerorten die höchste Akzeptanz besaß und von den Rauchern entsprechend gefordert wurde. Das galt noch stärker in Europa, wo das Bruyere noch schneller und widerstandsfreier zum absoluten Marktführer wurde. Traditionelle Betriebe erhielten ihre Produktionen von Apfel-, Birnen-oder Weichselholzpfeifen zwar aufrecht, die große Nachfrage lag aber ausschließlich beim Bruyere.

So gingen einige Jahrzehnte ins Land, bis es in den 80ern noch einmal spannend wurde. Nach und nach fanden sich Pfeifenmacher, die über den Tellerrand hinaus blickten und sich einiger „Exoten“ annahmen. Die Szene schüttelte über die Verwendung von Mooreiche den Kopf und fragte sich, was der „neumodische Kram“ sollte- dabei kamen die ersten Mooreichepfeifen schon 1870 aus England.
In Italien begannen Gasparini und Paronelli mit Pfeifen aus Olivenholz, in Polen startete Mr.Brog mit seiner Birnenholzpfeifenproduktion, Walnussholz, Bubinga, Ebenhölzer , Kirsche, Ahorn, Buche, Bocote…alle diese Sorten tauchten plötzlich am Markt auf. Das allerdings nicht, um dem Bruyere seinen Platz streitig zu machen, sondern nur, um Besonderes zu bieten, um sich und die Alternativhölzer auszuprobieren.

Wie stellt sich die Lage heute dar? Nun, alternative Hölzer haben Akzeptanz und ihre Freunde gefunden. Könner, wie Abi Natur (Olive) oder Davorin Djenovic und Josef Prammer (Mooreiche) haben solchen Hölzern sogar zu Weltruf verholfen. Trotzdem verteidigt das Bruyere seinen Thron unangefochten. Völlig zu recht? Nun, es ist sicher das Holz mit den besten Allroundeigenschaften für den Pfeifenbau, das ist keine Frage. Geholfen hat dem Baumheideholz aber auch sicher das intensive Marketing der 10er und 20er Jahre. Es wurde in der großen Zeit zum Marktführer und hat diese Position nie verloren. Das es nicht das einzige, wirklich taugliche Holz für die Pfeifenmacherei ist, wissen wir aus Erfahrung inzwischen aber auch.

Dieses Wissen ist umso wertvoller in einer Zeit, in der das Bruyere zumindest in den Ländern mit seiner größten Tradition langsam zu einem seltenen Gut wird. Arbutus, Karuba, Morta,Olive und verschiedene Ebenholzarten sind durchaus gute Alternativen, die richtige Vorbereitung vorausgesetzt. Allerdings kehrt sich die damalige Marketing-Gebetsmühle, nach der Briar das einzig Wahre sei, heute ins Gegenteil um. Zumindest die traditionelle Kundschaft hält eisern an „ihrem Bruyere“ fest und ist nur sehr schwer von Alternativen zu überzeugen. Bleibt, auf die jüngere Raucherschaft zu vertrauen, die zumindest teilweise etwas experimentierfreudiger ist und schon für eine gewisse Akzeptanz der Alternativen sorgt.
Königin Erica Arborea die Erste wird ihren Thron aber behalten-vermutlich, solange es Pfeifenraucher gibt.
