
Im Alter von 14 und 16 Jahren beschlossen Tommaso und Augusto Spanu ihre Heimat in Chiaramonti auf Sardinien zu verlassen. Man schrieb das Jahr 1962 und Arbeit war knapp, auf der wunderschönen Insel. Nach Norden sollte es gehen. Dort suchte ein Elektrogeräteproduzent Arbeiter und der Lohn schien in Ordnung.
Die Firma lag bei Varese und eher zufällig landeten die Jungs bei einem Pfeifenmacher, von denen es dort zu der Zeit noch eine ganze Menge gab. DAS interessierte sie und so etwas wollten sie auch lernen und können. Der Onkel der Jungs verfügte über gute Verbindungen und sorgte dafür, dass beide in Gavirate eine Anstellung bei einer Pfeifenmacherei bekamen. Während der ältere Augusto sich mehr für die Vorbehandlung und Zurichtung der Baumheide, für ihre Ernte und die Koch-und Trocknungsverfahren interessierte, erwies der junge Tommaso sich schnell als Talent im Umgang mit dem Holz und stellte bald schon beachtliche Pfeifen her.

Das machte ihn zum Gesprächsthema im kleinen Örtchen Gavirate und so kam der Name auch Jean Marie Alberto Paronelli zu Ohren. Er sah sich die Arbeit des jungen Sarden an und bemerkte mit viel Erfahrung und Kennerblick rasch, welches Talent da heran wuchs. Paronelli nahm den Jungen unter seine Fittiche und dank seiner guten Kontakte sorgte er dafür, dass Spanu von den besten Leuten ausgebildet wurde. Paronelli war ja selbst ein bekannter Pfeifendesigner und so übernahm er Tommasos Ausbildung in diesem Punkt selbst. Schon bald war Spanu in der Lage, völlig eigenständig Pfeifen zu fertigen und Paronelli übertrug ihm die gestalterische Verantwortung für die Marke „Clairmont“. Die Clairmonts, die Paronellis eigene Marke waren, hatten seinerzeit einen sehr guten Ruf und galten als absolut hochwertig.
Tommaso wurde der Aufgabe nicht nur gerecht, er schuf auch eigenständige Designs, die der Marke zu noch mehr Ansehen verhalfen. Letztlich gestattete Paronelli dem jungen Talent sogar, die Pfeifen zusätzlich zu Clairmont auch noch mit dem eigenen Namen zu stempeln. Diese Jahre waren prägend für Tommasu, der dort auch mit Größen, wie Guiseppe Ascorti und Luigi Radice zusammenarbeitete.

1979 fühlten die Brüder aber, dass es Zeit für eine Veränderung war. Beiden fiel auf, dass alle Fachleute stets vom Bruyere Sardiniens schwärmten. Es galt, ob seines langsamen Wuchses in karger Erde, als das beste Rohmaterial. Was also lag näher, als in die Heimat zurückzukehren, um eigene Pfeifen zu fertigen ?
Das taten sie aber nicht etwa spontan und unvorbereitet. Nein, es gab einen klaren Plan.
Wieder zurück auf Sardinien, genauer in Sassari , gründeten sie die Firma „Novarte S.N.C. di Spanu Tommaso“…und nicht nur das. Sie erwarben eine Lizenz von der Regierung, die ihnen erlaubte, Baumheide anzupflanzen, sie zu ernten und zu verarbeiten. Das war einzigartig unter den Pfeifenmachern der Welt und ist es bis heute geblieben.

Es dauerte nicht lange, bis sich Tommasos Pfeifen weltweit eines erstklassigen Rufes erfreuten. „Tom“ Spanu, wie er sich seither nannte, war berühmt für sein Formempfinden. Er arbeitete nicht nach Vorgaben oder Zeichnungen, sondern folgte grundsätzlich der Maserung des Holzes. Was entstehen würde, wusste Tom nie, wenn er einen Klotz in die Hand nahm. Zudem erfolgte die Fertigung in reiner Handarbeit. Eine Drehbank gibt es in der Spanu-Werkstatt bis zum heutigen Tag nicht. Die eigene Holzversorgung machte die Brüder auch von den schwankenden Weltmarktpreisen unabhängig und Tom wusste immer, welche Holzqualität den Weg in seine Werkstatt fand. Geholfen hat ihm sicher auch, dass die Freundschaft und Geschäftsbeziehung zu Paronelli über viele Jahre hinweg Bestand hatte.

Eines Tages kam Tom bei einem Spaziergang eine Idee. Er bewunderte die Schönheit der wettergegerbten und sonnenverwöhnten Rinde an den Bäumen und fragte sich, ob man damit vielleicht auch Pfeifen ummanteln könnte. Etliche Versuche später war DER Pfeifentyp geboren, der weltweit Überraschung und Begeisterung auslöste und für den Spanu besonders in Deutschland bekannt wurde.
Die hohe Qualität und die Originalität seiner Pfeifen machte ihn mit der Zeit zu einem Star unter den Pfeifenmachern. Selbst der damalige Staatspräsident Sandro Pertini und das Direktorat der Autoikone Ferrari gehörten zu seinen treuen Kunden und die seinerzeit noch weit verbreiteten Pfeifenmagazine widmeten ihm Hochglanzseiten auf der ganzen Welt.

Es wird ihn gefreut haben und lukrativ war es sicher auch. Geändert hat ihn der Erfolg nie. Weder vergrößerte er die Werkstatt, noch stimmte er maschineller Verarbeitung zu. Nach und nach fanden auch die Kinder der Brüder Zugang zur Firma und wurden behutsam auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereitet. Tom selber blieb neugierig und experimentierfreudig. So versuchte er sich auch an Pfeifen aus Olive, aus Zitronen-und Kirschholz. Letztlich blieb das sardische Bruyere aber seine große Liebe. Eine Liebe, die erst am 26. August 2015 endete. An diesem Tag starb Tom Spanu im Alter von 71 Jahren.

Sein Bruder und vor allem Tom Spanus Söhne setzen sein Lebenswerk fort. Heute ist es Massimiliano Spanu, der die Pfeifenwelt immer wieder mit besonderen Kreationen aus sardischem Bruyere überrascht und begeistert. Hoffen wir, dass es noch lange so bleibt.