„Schleifpapier ist ein Arschloch“

„Eine Pfeife besteht aus Linien. Doch, nicht nur eine Pfeife- die ganze Welt besteht aus Linien. Deshalb besteht die ganze Welt aus Pfeifenformen.Man muss sie nur entdecken !“

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Dieses Zitat stammt von einem Pionier des avantgardistischen Pfeifenbaus im deutschsprachigen Raum, Christian Wolfsteiner. Der, zuletzt in Ingolstadt wohnhafte, Wolfsteiner war ein scharfer Beobachter seiner Mitmenschen und seiner Umwelt. Doch, nicht nur das. Er war Philosoph, spielte als Musiker Gitarre und Saxophon, war fasziniert von alten Spielkarten, insbesondere den verschiedenen Formen des Tarock. Die Pfeife gehörte ebenfalls stets zu seinen Interessensgebieten, ähnlich, wie sein langjähriger Freund, Uwe Maier, fand Christian aber nie die Formen, die er suchte. Im Winter 1997 kaufte er sich kurzentschlossen einen vorgebohrten Kantel, um daraus seine erste Pfeife nach eigenen Vorstellungen zu bauen. Was sich im Laufe der Jahre daraus entwickelte, hat den Pfeifenbau in Deutschland maßgeblich beeinflusst.

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„Erlaubt ist jede Form, die gefällt. Vorausgesetzt, die Nutzbarkeit und die technische Ausführung leiden darunter nicht!“ Ebenfalls ein Zitat von ihm, dessen getreue Umsetzung man in jeder, seiner Pfeifen findet. Wobei er nicht nur für einwandfreie Rauchbarkeit seiner, teilweise kühnen Werke sorgte, sondern auch stets von Ideen der Verbesserung umgetrieben wurde. Die Calabash-Idee, also die Schaffung einer Verwirbelungskammer, in der sich der Rauch abkühlen und Kondensat niederschlagen kann, lag ihm besonders am Herzen. So schuf er Pfeifen mit hintereinander liegenden Kammern und machte Versuche mit den Reverse-Calabash-Systemen, lange, bevor diese Bauart Einzug in breitere Kreise hielt.

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Seine Freundschaft zum Driftwood-Pionier Roger Wallenstein weckte auch Wolfsteiners Interesse für Oberflächen. Er ersann immer ausgefeiltere Techniken, um die Struktur des Bruyeres mit chemischen Hilfsmitteln zu verändern. In Kombination mit Form und Farbe schuf er so Außenflächen, die von Gestein , über Borken und Rinden, bis hin zur täuschend echten, organischen Anmutung reichten. Vor allem letztere Exemplare wirkten so real, dass manchem Betrachter dabei nicht sehr wohl war.

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Bei aller Intensität, mit der Christian Wolfsteiner an seinen Pfeifenentwürfen arbeitete, vergaß er aber niemals das Augenzwinkern. So finden sich humorvolle Zitate klassischer Gesteckpfeifen in seiner Arbeit, eine variantenreiche Reihe seiner Pfeifen wurde nach einer Comic-Maus „Gonzales“ genannt und auch sein Wahlspruch „Schleifpapier ist ein Arschloch“ war eher lächelnd, als wertend gemeint.

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Christian Wolfsteiner litt bereits seit vielen Jahren an einer schweren Stoffwechselerkrankung, die sein tägliches Leben massiv beeinflusste, in oft ans Haus fesselte und ihn häufig zu Klinikaufenthalten zwang. Anfang Februar 2016 hat ihn diese Krankheit, trotz tapferem Kampf, endgültig besiegt und Christian Wolfsteiner verstarb, viel zu früh, im Alter von 54 Jahren.

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Er war ein leiser Mensch, einer, dem großes Aufsehen, auch um seine Person, zuwider war. Wohl einer der Gründe, warum er und seine Arbeiten nicht einem größeren Kreis bekannt wurden. Trotzdem ist er einer, der wichtigsten Leute, wenn es um die moderne Interpretation der Pfeife im deutschsprachigen Raum geht.

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