Wer an Dänemarks glorreiche Vergangenheit bei den Serienpfeifen denkt, dem fällt zunächst ein Name ein: Stanwell ! Überlegt man weiter, kommen eventuell noch Svendborg und Jensen dazu. Das war es? Ja, schon seltsam…eine, der seinerzeit größten und innovativsten Pfeifenfirmen Dänemarks hat kaum noch jemand auf der Rechnung.
Alles begann unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg. Karl Robert Kris war als Ingenieur für den dänischen Reeder A.P.Moller über die Meere gesegelt. In einem, kleinen Mittelmeer-Hafen fielen ihm seltsam geschnittene Klötze aus einem Material auf, das ihn interessierte: Bruyereholz.
Er erfuhr, dass dieses Holz für die Pfeifenherstellung genutzt wurde und nahm, aus reiner Neugier, ein paar dieser Hölzer mit nach Dänemark. Das Thema muss ihn sehr interessiert haben, denn die allgemeinen Probleme nach dem Krieg hätten ihn in ganz andere Berufssparten bringen können, in denen er vielleicht leichter sein Brot verdient hätte . Nein, er machte sich 1947 als Pfeifenbau-Pionier in seiner Heimatstadt Kolding selbstständig.
Trotz zunächst primitiver Bedingungen und schwieriger Materialbeschaffung genossen seine „Rocky“-Pfeifen rasch einen guten Ruf auf dem dänischen Markt. Das führte dazu, dass Kris binnen kurzer Zeit vier Mitarbeiter einstellen und die Produktion erheblich steigern konnte. Die Geschäfte liefen gut, man konnte sogar mit dem Export ins Ausland beginnen und 1950 beschloss der erfolgreiche Aufsteiger, gründlich zu expandieren. Am Ringvej, dem Stadtrand von Kolding wurde eine moderne, große Fabrik gebaut und die Pfeifen erhielten einen neuen Markennamen.
Mit einem Augenzwinkern zum größten Konkurrenten sollten die Produkte jetzt „Kriswell“ heißen. Das fand Poul Hansen, der Chef von Stanwell aber nun weder witzig, noch originell. Im folgenden Gerichtsverfahren musste Ingenieur Kris klein beigeben und einer anderen Namensfindung zustimmen. Spitzbübisch, wie er war, änderte er genau einen Buchstaben. Die Marke „Kriswill“ war geboren und ihr neues Firmenzeichen wurde die Kompass-Rose, die an die maritime Vergangenheit des Firmengründers erinnern sollte.
Die Erfolgskurve wies stetig nach oben und bald schon war Stanwell eine, sehr ernst zu nehmende Konkurrenz erwachsen. In Größe, Anzahl der Mitarbeiter und in der Exportquote nahm und schenkte man sich nichts.
Genauso schnell und innovativ, wie der Mitbewerber aus Borup, konnte man sich bei Kriswill auf wechselnde Märkte und Geschmäcker einstellen und hatte ein waches Auge, gerade auf den, seinerzeit, so wichtigen Exportmarkt USA. Man konnte exclusive Designer für die Arbeit an den Kriswill-Pfeifen gewinnen, so den bekannten Architekten, Prinz und Königinnenbruder, Sigvart Bernadotte und den ebenso bekannten Designer Acton Bjorn. Gemeinsam schufen sie Kriswill-Designs, die absolute Klassiker wurden. Die Serie „Golden Clipper“, leichte, elegante Shapes, die durch erstklassige Qualität und Verarbeitung schnell zu Spitzenruf kamen und die „Chief“-Serie, die vor allem die amerikanischen Wünsche nach größeren Pfeifen erfüllte, dabei aber ( dank erstklassiger Holzqualität) sehr leicht und angenehm für die Raucher blieb, die ihre Pfeifen gern zwischen den Zähnen hielten. Zusätzlich wurden die Zweitverwertungsmarken Danish Crown und Navigator eingeführt, die durch gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ebenfalls viele Freunde fanden.
1966 starb Karl Robert Kris. Auf Wunsch der Mutter übernahm der gemeinsame Sohn ,Jens Kris, nach einer Führungsakademie-Ausbildung die Leitung des Unternehmens. Doch, so ganz mit dem Herzen bei der Sache war er wohl nicht. Zusätzlich begann Anfang der siebziger Jahre die große Krisenzeit der Pfeife, nicht nur in Dänemark. Doch, hier hatte man zusätzlich mit einer galoppierenden Inflation zu tun, die jährliche Lohnsteigerungen von fünfzehn bis zwanzig Prozent notwendig machte, was den Kunden in aller Welt weder zuzumuten, noch verständlich zu machen war. 1975 verließ Jens Kris das Unternehmen, wenig später wurde die Zahlungsunfähigkeit festgestellt.
Die Maschinen der Produktion übernahm Erik Nörding und während das Fabrikgebäude an ein dänisches Unternehmen verkauft wurde, gingen die Namensrechte an der Marke Kriswill an die Larsen-Fabrik in Lillehammer/ Norwegen. Dort versuchte man mit großen Anstrengungen den alten Glanz des Namens zurück zu gewinnen, doch, nach ein paar Jahren musste auch dieser Plan aufgegeben werden.
In den achtziger Jahren erschien das Kriswill-Logo noch einmal auf einer Serie spanischer Pfeifen, die aber der Tradition der berühmten Kompass-Rose nicht einmal entfernt gerecht wurden. Alles, was von der einstigen Herrlichkeit blieb, ist die Verwendung des Namens Kriswill durch den heutigen Besitzer, die Firma DTM in Lauenburg an der Elbe. Doch, auch wenn man dort den Namen für Pfeifen und Tabake guter Qualität nutzt…er hat seinen, einstmals schillernden Glanz verloren. Ein weiteres Imperium, das in Vergessenheit zu geraten droht. Sehr schade…