…auch Winnetou war Pfeifenraucher !

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Tja, wie nennen wir sie denn nun ? Als „Fachbegriff“ hat sich die Bezeichnung Calumet durchgesetzt. Doch, dieser Begriff taucht erst im Jahr 1616 auf und wird von Le Jeune erstmalig niedergeschrieben. Er leitet sich ab vom französischen Chalumeau, dass die Bezeichnung für eine Flötenart, gleichzeitig aber auch das Wort für Schilfrohr ist. Naheliegend, da das Calumet tatsächlich einer Flöte nicht unähnlich sieht und zudem gelegentlich aus Schilfrohr gefertigt war.

Am geläufigsten ist uns dieses Rauchgerät aber sicher als „Friedenspfeife“, haben wir doch alle unseren Karl May studiert. Ganz abwegig ist diese Bezeichnung nicht, wenn sie auch nicht nur dem Friedensschluss diente. Doch, mit Frieden hat sie zu tun…mit dem Frieden, den die Urvölker Amerikas mit ihrem Gott, der Natur und sich selbst halten und bewahren wollten.

Das Pfeife rauchen war fester Bestandteil religiöser Rituale, gehörte aber ebenso zu Festen, Beratungen und zu Verhandlungsführungen, z.B. im Kriegsfall. Der hohe zeremonielle Wert des Tabakrauchens mit dem Calumet sorgt dafür, dass es bis heute als das Symbol eigenständiger Identität gilt, als die Bewahrung der uralten Tradition.

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Erstmals beschrieben wird diese Pfeife im Jahr 1678 von Pater Henepin, der Erkundungsgruppen durch verschiedene, nordamerikanische Regionen begleitete. Er war es auch, der als erster einen Eindruck der Wichtigkeit des Calumets bekam. So berichtete er, dass seine Gruppe von den Bewohnern einer Inselgruppe im Huronsee ein solches Calumet mitgegeben bekam und sie überall dort, wo sie die Pfeife zeigten, auf friedfertige Aufnahme trafen. Ein Zeichen dafür, wie heilig sie den nordamerikanischen Urvölkern war. Henepin beschrieb die Pfeifen, die er im Laufe der Zeit sah, als große Objekte mit Köpfen aus schwarzem, rotem oder weißem Stein, der auf Hochglanz poliert war. Daran ein, etwa 75 cm langes, starkes Rohr, das, je nach Stamm, ganz unterschiedlich geschmückt wurde. Durchflochten mit Frauenhaar und mit unterschiedlichsten Federn der Vögel versehen, die im jeweiligen Stammesgebiet heimisch waren.

Gab einem ein Stamm solch`eine Pfeife mit, so konnte man, bei verbündeten Stämmen, wo man sie vorzeigte, immer auf Frieden und freies Geleit zählen. Kein Stammesmitglied hätte gegen die Symbolkraft des Calumet gehandelt. Entstanden ist diese Pfeife ursprünglich aus einem Zeremoniestab ähnlicher Größe, der ebenfalls mit Perlen, Federn und Frauenhaar geschmückt war. Er wurde bei bestimmten Anlässen immer paarweise gebraucht. Der grüne Stab stand für die männlichen Symbole : Erde, Krieg, die Sonne und den Süden, der blaue Stab symbolisierte die weiblichen Werte, nämlich den Frieden, den Himmel, den Norden und die Nacht. Aus diesen Stäben entwickelte sich zunächst ein Rauchrohr und später das Calumet.

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Die Köpfe der Pfeifen bestanden zumeist aus einem Aluminiumsilikat, das durch Eisenoxid-Beimischungen einen rötlichen Schein bekommt. Dieses Gestein stammte von einem heiligen Ort der Ureinwohner, einem Steinbruch in Minnesota. Der weiße Maler George Catlin berichtete als erster von diesem Ort, malte ihn und beschrieb den Stein. Ihm zu Ehren nannte man diese Gesteinsart Catlinit.

Häufig verwendet wurde auch Steatit, ein dunkles Gestein, das sich aber ebenso gut bearbeiten ließ. Die Calumets zu bauen und zu verzieren war die Arbeit von Spezialisten, die eine große Anzahl von Stunden in die Herstellung investierten. So ein fertiges Stück konnte ohne Probleme den Gegenwert eines Pferdes erreichen. Für die Fertigung der Stiele gab es verschiedene Techniken. Entweder, ein entsprechendes Stück Weide, Esche oder Pappel wurde der Länge nach gespalten, das weiche Mark wurde ausgekratzt und der Stiel wieder zusammengefügt oder das Mark wurde mit einem Hartholzstab ( und später einem Draht) ausgebrannt.

Allgemein waren die Steinköpfe hochglanzpoliert. Nachdem die Pfeifenhersteller an Werkzeuge der eingewanderten Europäer kamen, entstanden auch geschnitzte Werke, mit Pferde- oder Bison-Köpfen. Die oft gesehene Tomahawk-Pfeife entsprang aber nicht der Tradition. Sie war ein späterer Nachbau, den findige Europäer, quasi als „Souvenir“ fertigten.

Oftmals sind die rituell genutzten Pfeifen übrigens in Kopf und Stiel getrennt gewesen. Vor der Zeremonie wurde dann der „männliche“ Stiel in den „weiblichen“ Kopf gesteckt. Dabei handelte es sich keineswegs um eine plumpe, sexuell motivierte Anspielung. Es symbolisierte die Zusammenführung der unterschiedlichen Teile der Welt zu einem Ganzen.

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An dieser Stelle sollte übrigens erwähnt sein, dass das Calumet keinesfalls nur Männersache war. Das war ausschließlich die Schlussfolgerung des „weißen Mannes“. Einmal bekam dieser es nicht anders zu sehen und zum Zweiten war es in seiner Welt üblich und so nahm er es auch für die Welt der Ureinwohner an. Das aber war ein Irrtum.

Die Lakota haben, ihrer Geschichte nach, die Pfeife sogar von einem weiblichen Geist erhalten, der sie in der Handhabung unterwies. Bei den Zusammenkünften und Besprechungen frönten auch die Frauen unter den Ureinwohnern gern und ausgiebig der Pfeife und dem Tabak. Der wurde übrigens genauso von eigens bestimmten Hütern bewacht, wie auch die Pfeifen selbst.

Allzu sehr sollte man aber die Rauchgewohnheiten der nordamerikanischen Ureinwohner nicht ins Reich der Rituale und Beschwörungen verschieben. Sicher, dort war die Pfeife fester Bestandteil, sie wurde aber auch gern bei auch etwas geringeren Anlässen hervor geholt. Sei es, um einen Streit zu schlichten, einer Zusammenkunft besonderes Gewicht zu verleihen oder einfach die Gemeinschaft bei einem Treffen speziell zu betonen. Berüchtigt für ihre, doch etwas ausschweifenderen, Rauchgewohnheiten waren die Irokesen. Da führte, aus praktischen Gesichtspunkten, jeder Krieger seine eigene Pfeife mit. Zumeist beschnitzt mit Gesichtern, die dem Raucher zugewandt waren. So war stets die eigene, kleine Zwiesprache mit den Göttern möglich.

Der „weiße Mann“ hat nicht nur unaussprechliches Unglück über die Ureinwohner Nordamerikas gebracht, er erzählte auch viel Unsinn über sie . So kam es z.B. zum Märchen, dass alle Häuptlinge großen Federschmuck im Haar tragen und auch zur falschen Darstellung der Bedeutung der Pfeife im Leben der Urvölker.

Der heilige Steinbruch in Minnesota dient lange schon nicht mehr der Gewinnung von Pfeifenstein. Er ist heute ein Naturschutzgebiet mit Namen „Pipestone National Monument“. Die einzelnen Stämme der Ureinwohner sind längst ihres Landes und ihrer Freiheit beraubt und fristen in Reservaten ihr Dasein, machen das bezahlte „Indianer-Kasperle“ für die Touristenhorden. Doch, so, wie es Dutzende von gänzlich verschiedenen Stämmen gab, gibt es immer noch genauso viele Calumet-Arten…und die spielen, im wiedererwachenden Bewusstsein der „Native Americans“ immer häufiger auch eine bedeutende Rolle. Man findet wieder zusammen, entzündet die Pfeife, bläst den Rauch erst zum Himmel, dann zur Erde und anschließend in alle Himmelsrichtungen, wobei mit Osten begonnen wird, denn von dort kommt die Sonne.

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Im wieder bewusst gefühlten Stolz dieser großen Völker ist die Pfeife das Symbol für Zusammenhalt und Ehre für ein einzigartiges Vermächtnis. Denn, wie sagte die weiße Büffelfrau, die den Lakota die Pfeife brachte : „Solange ihr die Pfeife nutzt, wird euer Volk leben und glücklich sein !“

Seltsam…in der heutigen Pfeifenszene gibt es Bewunderer und Verehrer verschiedenster Gruppen. Da gibt es Bezug von den schottischen Highlands bis auf die sieben Weltmeere. Doch auch die verehrten Volks-und Berufsgruppen haben die Pfeife letztlich aus zweiter Hand erhalten. Wer weiß, ob und was wir heute rauchen würden, ohne die Ureinwohner des amerikanischen Kontinents.

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Schon früh in der Werbung genutzt: Der rauchende „Indianer“

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