DER TABAK EROBERT EUROPA
Zum Ende des 16.Jahrhunderts genossen holländische Universitäten bereits einen sehr guten Ruf. Kein Wunder also, dass Studenten aus vielen Ländern dort zu finden waren. Die angehenden Gelehrten aus England waren es, die Tabak und Pfeife dort bekannt machten. Nicht nur in der Universität, auch des Abends, in den umliegenden Schankwirtschaften, frönten sie dem Genuss.

Dort bestaunte man das Tun der Hochschüler, fand es imposant und nachahmenswert. Rasch hatten Pfeife und Tabak Einzug gehalten ins Leben der holländischen Bürger. Dort traf die Pfeife auf ein tiefer gehendes Verständnis. Passte sie doch wunderbar zum eher ruhigen und behäbigen Gemüt der Holländer. Doch, auch die Geschäftstüchtigkeit der holländischen Kaufleute wurde rasch geweckt. Aufgrund rasch steigender Nachfrage bei Tabak und der doch sehr beschränkten Möglichkeit der Einfuhr begann man, in klimatisch günstigen Gegenden, vor allem um Amersfoort, entsprechende Kulturen anzulegen. Das machte man so geschickt und erfolgreich, dass die holländische Tabakzucht später zum Vorbild allen Tabakanbaus in Nord- und Mitteleuropa wurde.
Zusätzlich gründeten sich Import-Agenturen, die Tabake aus der neuen Welt nach Holland verschifften, um von dort einen schwunghaften Handel mit ganz Europa zu treiben. Holland war seinerzeit, gemeinsam mit England, führend im Handelsverkehr. Durch den englischen Ostsee-Handel gelangte der Tabak bis zum Beginn des 17.Jahrhunderts bis ins nördliche Russland. Der seinerzeitige Herrscher, Michael Fedorowitsch,vertrug die Pfeife und den Tabak zwar nicht so recht, gönnte seinen Russen aber die Freude am Genuss.

Bis eine verheerende Feuersbrunst in Moskau große Schäden anrichtete und man die Schuld bei einem Pfeifenraucher sah, der mit glimmender Pfeife eingeschlafen sein sollte.
Es folgte ein Erlass, der das Rauchen unter Strafe stellte, dafür Peitschenhiebe vorsah und, bei entsprechender Schwere des Vergehens, sogar die Todesstrafe.
Eine holsteinische Händlergruppe wurde am 24.September des Jahres 1634 Zeuge, wie acht Männer und eine Frau öffentlich bis zur Ohnmacht gepeitscht wurden, weil sie Tabak und Branntwein verkauft hatten.
Ein schwunghafter Schwarzmarkt war die Folge, dem der Herrscher nie recht Einhalt gebieten konnte, obwohl das Recht vorsah, dass seine Truppen immer und überall Häuser bei Verdacht durchsuchen durften.
Erst Peter, der Große machte diesem blutigen Katz-und-Maus-Spiel ein Ende und legalisierte den Handel und den Genuss. Gegen eine Abfindung von 15000 Pfund Sterling überließ er den Engländern den russischen Markt. Später kamen auch in Russland eigene Tabakplantagen hinzu, die allerdings ausschließlich der Deckung des heimischen Bedarfs dienten.

Weit härteren Widerstand erlebten der Tabak und die Pfeife, als sie um 1630 den Weg über Venedig und Genua in die Türkei fanden. Dort stand man dem Rauchen anfänglich eher feindselig gegenüber. Es gibt Vermutungen, dass Rauchopfer und Feuer Dinge waren, die im halbvergessenen Dämonen-Glauben der früheren Jahrhunderte eine große Rolle spielten. So sah man sich, wohl aus religiösen Gründen, zu einer Verfolgung geradezu gezwungen. Da türkische Herrscher daran gewöhnt waren, jederzeit mit dem Leben ihrer Untertanen spielen zu können, fielen die Strafen entsprechend drastisch aus.
Amurath, der Vierte, der von 1623-1640 herrschte, ließ zunächst erwischten Rauchern die Fußsohlen in Fetzen peitschen. Später ging man dazu über, den Rauchern ihre Pfeifen durch die Nase zu treiben und sie auf Pferden durch die Stadt zu schicken- zur Ansicht aller. Da aber die Raucherei trotzdem nicht auszutreiben war, ließ der Herrscher einfach reihenweise Köpfe rollen. Zum Glück wurde dieser Tyrann nur 28 Jahre alt.
Die Turbulenzen setzten sich aber solange fort, bis endlich Mohammed, der Vierte, das Rauchen legalisierte und so der Türkei eine gewisse Ruhe zurück gab.

In Spanien, Frankreich und Portugal gingen die Herrscher deutlich entspannter mit der neuen Mode um. Statt sie verbieten zu lassen, besteuerten sie sie klugerweise, was ordentlich Zuwachs für die Staatskassen brachte. In diesen Ländern setzte sich aber vorrangig der Schnupftabak durch. Er war schon allgemein gebräuchlich, als Pfeife und Rauchtabak folgten.
Unter Ludwig, dem Vierzehnten, der selbst weder schnupfte, noch rauchte, wurde der Tabak sogar offizielles Verpflegungsmittel der Armee.
Noch kurz vor der französischen Revolution war Frankreich aber fest in der Hand der Schnupfer. Nur 1/12 des gesamten Tabakverbrauchs der Franzosen war zu dem Zeitpunkt Rauchtabak.
In Spanien und Portugal sah es ähnlich aus. Dort führte die Krone selbst Betriebe, in denen der feine „Spaniol“ hergestellt wurde. Ein Schnupftabak aus besten, kubanischen Edelblättern.
Das in diesen Ländern, genau wie in Italien, die Prise weit vorn lag, hatte einen verständlichen Grund. In diese Gegenden kam der erste Tabak um 1580 und wurde, einer kirchlichen Weisung folgend, vor allem für medizinische Versuche eingesetzt. Bei diesen Versuchen entstand auch der pulverisierte Tabak, der anfänglich als Medizin eingesetzt wurde und später seinen Siegeszug als Genussmittel antrat.
Doch, die Kirche sollte den Wohltäter Schnupftabak noch als Plagegeist erleben. Das Schnupfen wurde derart zur Gewohnheit, dass Gläubige und Kleriker ihm so sehr frönten, dass Gottesdienste massiv gestört wurden. Papst Urban, der Achte, zog die Notbremse und verfügte per päpstlichem Dekret vom 30. Januar 1642, dass „alle mit dem Kirchenbann belegt würden, die fürderhin bei Gottesdiensten oder in Gotteshäusern dem Schnupfe frönen.“

Erst Papst Benedikt der Dreizehnte, hob 1725 diesen Bannbullen auf- wohl, weil er selbst dem Spaniol nur zu gern zusprach.
1851 erfolgte sogar ein vatikanischer Erlass, der verbot, zukünftig den Rauchgenuss zu verhindern. Unbestätigten Gerüchten zufolge ist die Lust am Schnupftabak bis heute fester Bestandteil des italienischen Klerus.
Man versuchte zwar in Italien auch, auf Sizilien und im Bereich Neapel, eigenen Tabakanbau, der blieb aber von untergeordneter Bedeutung.
Soweit die Spuren des Tabaks, was seine Verbreitung in Europa angeht. Wenn Sie nun Deutschland vermissen, möchte ich Sie auf den vierten Teil dieser Serie verweisen, der in Kürze folgt.
