Der Weg des Tabaks nach Europa- Eine Spurensuche Teil 4

WIE DER TABAK NACH DEUTSCHLAND KAM

Warscheinlich war es den Handelsverbindungen der Fugger zu verdanken, dass ein Doktor Ocro in Augsburg um 1550 in den Besitz der ersten Tabakblätter kam, die er zu medizinischen Versuchen nutzte. Jedenfalls berichtete er dem Züricher Stadtarzt Gesner davon. Dieser Brief gilt als erster, zuverlässiger Nachweis über Tabak in Deutschland. Zusätzlich gibt es Hinweise auf Tabakanbau in Suhl/ Thüringen im Jahre 1559 und in Hatzenbühl/ Pfalz, 1573. Diese lassen sich aber nicht durch Schriftstücke oder zeitgenössische Zitate wirklich belegen. Anders sieht es mit dem Tabakanbau in der Pfalz zur Jahrhundertwende zum 17.Jahrhundert aus.

Augsburg 1550
Die Stadt Augsburg um 1550

Pfalzgraf Friederich, der Vierte unterstützte zu dieser Zeit Kulturversuche des Tabaks auf Feldern im weiteren Umkreis von Landau. Vermutlich hat die Nähe zum Elsaß zu diesen Versuchen geführt, nachdem dort bereits erfolgreiche Zuchtversuche unternommen wurden.

Bis zum dreißigjährigen Krieg (1618-1648) war der Rauchtabak in Deutschland aber weitgehend unbekannt. Zur Verbreitung in der Zeit des Krieges dürften vornehmlich ausländische Truppen beigetragen haben, die an den Kriegshandlungen beteiligt waren. Speziell die rauchenden Soldaten, die der englische König seinem Schwiegersohn, dem Pfalzgrafen Friederich, dem Fünften, zu Hilfe schickte, dürften auf deutschem Boden für Neugier und Interesse gesorgt haben. Diese Truppen standen auch zwei Jahre später am Rhein, um gegen den Spanier Spinola eingesetzt zu werden. Sie kamen also weit herum, auf deutschem Boden und sorgten, speziell bei der ländlichen Bevölkerung für etliche, rauchende Nachahmer. Schon um 1620 ließen sich die ersten Handelsleute aus Flamen, Holland und Spanien als Kaufleute in Deutschland nieder, um als „Tubackskremer“ den deutschen Wunsch nach Tabak und Pfeife zu erfüllen. Der Tabak hatte auch auf deutschem Boden Fuß gefasst und die Nachfrage stieg so rapide, dass es 1653 in Köln bereits neunzehn dieser Tabakgeschäfte gab, zwischenzeitlich natürlich auch von den Steuerbehörden entdeckt, die mit sechs Talern pro Fass Tabak( etwa 750 Kg) ordentlich mitverdienten.

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Der dreißigjährige Krieg schuf unsägliches Elend. Doch, er sorgte in Deutschland auch für die weite Verbreitung des Tabaks.

1559 begann rund um Köln sogar der Tabakanbau und Christoffel von Grimmelshausen, berühmter Gesellschaftskritiker seiner Zeit wunderte sich schon um 1560 darüber, dass ihm noch niemand begegnet sei, der sich das Kraut in die Ohren steckt….denn „ saufen, fressen und schnupfen tun sie ihn den ganzen Tag !“

 

Es sei ein Kraut des Teufels, mutmaßten Kritiker, von Besessenheit und „stinkendem Qualm der Hölle“ wetterten sie. Es mache schläfrig, aber auch „doll und unruhig“. Der lebhafte Streit der Meinungen rief natürlich auch die Obrigkeit auf den Plan. Hier lassen sich wunderbare Vergleiche zur heutigen Zeit ziehen. Denn nichts machte den Herrschenden mehr Freude, als ihre Untertanen zu gängeln und zu bevormunden. Unsinnige Verbote und Vorschriftchen waren die Folge. So wurde in Bautzen der „Tobaksäufer“ ebenso mit fünf Talern Strafe belegt, wie auch „ der Wirth, der in seiner Schänke die Funken oder Kohlen zum Entzünden her gebe!“ Kommt Ihnen da etwas bekannt vor?

1680 beschloss der Kurfürst von Köln eine Strafe von fünf Goldgulden gegen jedermann, der „dorten Tabak zünde, wo Feuergefahren bestünden.“

Das war ja durchaus einsehbar, aber, dass in Lüneburg noch 1690 Gefängnis und Auspeitschung auf das „lüderliche Tabacksaufen“ stand, ist schon harter Toback- im wahrsten Sinne des Rauchens. Im Herzogtum Jülich-Berg musste man um 1700 einen Freizettel vorweisen, wenn man rauchend angetroffen wurde und in Sachsen-Gotha wurde man dafür für einen Tag an den Schandpranger gestellt.

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Beim Rauchen erwischt? Da langte der Arm des Gesetzes zu !

Das zog sich bis etwa 1780 durch die deutsche Rauchgeschichte. Verbote, Strafen, Zwänge, in einer Zeit, in dem den Bürgerlichen aber auch der Gebrauch des Taschentuchs verboten war, weil das Schnupftuch den oberen Schichten vorbehalten wurde, um nur ein Beispiel zu nennen und die Abstrusität vieler Gesetze zu dieser Zeit klarer zu machen.

 

Trotzdem wuchs die Zahl der Raucher ständig, ebenso die, der Händler. Gesetze waren ja immer regional unterschiedlich. Das ermöglichte z.B., Handelsplätze und Kontore dort zu führen, wo man dem Rauch schon deutlich früher liberal gegenüber stand. In manchen Gegenden Deutschlands hatten die Fürsten schon um 1700 verstanden, dass sich durch Handelsbeteiligung und Besteuerung gutes Geld mit dem neuen Lieblingskraut der Deutschen verdienen ließ.

Trotzdem, zu einer wirklichen Liberalisierung des Rauchens kam es erst im Zuge der Revolution, im Jahre 1848. Experten waren lange der Meinung, dass diese Freiheit nun dauerhaft bleiben würde. Doch, auch Experten können sich irren.

Natürlich betrifft die Geschichte des Tabaks in Europa nicht nur die Pfeife. Seit etwa 1820 galt die Cigarre als ernste Konkurrenz, da praktischer und leichter handhabbar und zum Beginn des 20.Jahrhunderts begann der Siegeszug der Zigarette. Kau-und Schnupftabake gehörten natürlich auch dazu, wenn der Kreis ihrer Liebhaber auch beständig schrumpfte, dennoch aber bis heute blieb.

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Kampf um die Mannheimer Rheinbrücke im Revolutionsjahr 1848

 

Nun also war der Tabak in ganz Europa angekommen. Zunächst ein eher rauhes, ursprüngliches Abenteuer für experimentierfreudige Zeitgenossen.

Doch, schon mit dem ersten Anbau auf europäischem Boden begann das Bemühen, sowohl die Pflanzen, als auch die Rauchgeräte zu kultivieren, zu verfeinern, um so das Rauchen für eine breitere Masse zum Genuss zu machen und sich, mit dem jeweils eigenen Produkt eine besondere Stellung im größer werdenden Markt zu sichern. Davon erzähle ich im fünften und letzten Teil dieser Serie.

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Idyllischer Rauchgenuss in Deutschland, um 1700

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