WER IN DER ZUKUNFT LESEN WILL, MUSS IN DER VERGANGENHEIT BLÄTTERN
(André Malraux)
Als ich vor einem halben Jahr beschloss, diesen Blog zu öffnen, erntete ich viel Erstaunen und Unverständnis. Der Pfeifenraucher sei schließlich an Neuem interessiert, an Dingen, die kämen.
Er wolle unterhalten sein mit Aktuellem, über die Pfeife im Jetzt und Hier lesen. Wen interessieren schon alte Kamellen. Wer möglichst viele Leute erreichen will, muss im täglichen Neuigkeiten-Karussell immer ganz vorne sitzen.
Nun, das Neuheiten-Feuer habe ich lange genug versorgt und möglichst viele Leute zu erreichen, ist nicht mehr meine Ambition. Vielmehr hoffte ich, wirklich interessierte Leute zu erreichen…und ich wünschte mir, Pfeifenfreunde zu erreichen, deren Interesse man wecken kann. Beides scheint gelungen zu sein. In einem Maße, dass mich erstaunt und sehr erfreut.

Die Pfeifen, die Beschäftigung mit ihnen und der Wille, das Leben mit ihnen zu teilen, sind kein Hobby. Sie taugt nicht zum flüchtigen Zeitvertreib, nicht zur oberflächlichen Beschäftigung mit ihr. Jedenfalls dann nicht, wenn man ihre Faszination, ihren Zauber wirklich erfahren will. Man raucht die Pfeife nicht für andere Leute. Man trägt sie nicht mit sich herum, weil es „cool“ ist oder es gerade einem angesagten Trend entspricht. Wer das tut, wird das Pfeife rauchen nie wirklich verstehen. Er betrügt sich um die, wesentlich tiefer gehende Erfahrung, die aus einem Menschen einen überzeugten Pfeifenmenschen macht.
Die Pfeife ist auch kein Statussymbol und erst recht nicht ein Mittel, sich mit ihr innerhalb der Pfeifenwelt von anderen Liebhabern abzugrenzen. Diesen Typ „Status-Raucher“ hat es immer gegeben. Letztlich ist er ein Gefangener seiner, selbst auferlegten, Repräsentationspflicht und das hindert ihn, die Gelassenheit und Entspannung zuzulassen, die der Genuss einer Pfeife ihm schenken könnte. Schade für diese, bemitleidenswerten , Pfeifenschwestern und –brüder.
Nein, die Pfeife ist auch kein Macht- oder Sexsymbol. Dafür missbrauchen flache Gemüter lieber die wehrlose Zigarre – spätestens seit den seinerzeitigen Ereignissen im „Oral-Office“, unter Bill Clinton.
Um die sorgsam gepflegten Beete, die den Weg der Pfeife säumen gänzlich zu verwüsten, bleibt noch zu bemerken, dass die Pfeife auch kein Zeichen von Intellekt ist, auch, wenn sie gern herum getragen wurde ( wird ?), um den Anschein zu erwecken. Es gibt, wie im richtigen Leben, auch unter den Pfeifenrauchern erschreckend flache Denker, ebenso, wie rauhe Charaktere. Geprägt war das Bild durch die Allgegenwärtigkeit eines, Pfeife rauchenden, Albert Einstein. Mit den Fotos, die es von ihm gibt, könnte man sein Raucherzimmer tapezieren. Die Bilder vom, die Pfeife genießenden, Josef Stalin waren da, aus verständlichen Gründen, schon seltener.

…und die jährlich stattfindende Farce zur Wahl des Pfeifenrauchers des Jahres ist stets wiederkehrender Beweis, dass es bei einer Veranstaltung rund um die Pfeife auch nicht vor Intelligenz sprühen muss.
Toll ! Was bleibt denn dann noch ? Es bleiben eben genau die Leute, die nicht fürs Foto oder fürs Image Pfeife rauchen. Es bleiben die, die all` das durch die Pfeife erfahren haben, was sich Außenstehenden so schlecht erklären lässt. Die, denen die Pfeife Erholung ist, Belohnung, Stärkung, Entspannungs- und Entschleunigungsmittel und auch Trost in manch` schwerer Situation. Es bleiben die, die die Pfeife als das verstanden haben, was sie ist…als geliebter Lebensbegleiter.

Es bleiben die, die begriffen und akzeptiert haben, dass ihre Leidenschaft gesundheitliche Risiken birgt, die aber zeitgleich und täglich merken, wie gut es ihnen tut, mit einer Pfeife Abstand zum überstürzten Treiben unserer Zeit zu gewinnen, zur Ruhe zu finden und somit etwas FÜR den Körper und den Geist zu tun. Es bleiben Menschen, wie Sie und ich.
Dort, wo der Raucher einer Ilsted friedlich vereint mit dem Raucher einer Corncob, dem Raucher einer „Noname“-Pfeife und dem Liebhaber der Tonpfeifen zusammen sitzt und gemeinschaftlich die Welt und das Sein durchdiskutiert, sich erinnert und plant, ist die Seele der Pfeife daheim. Dort, wo man den gemeinsamen Nenner gefunden hat und sich in seiner Leidenschaft gegenseitig ganz und gar versteht, ohne sich erklären zu müssen.

Einen solchen Ort hoffe ich auch mit diesem Blog geschaffen zu haben. Einen Ort, an dem interessierte Pfeifenfreude zusammen finden. Ich möchte diesen Ort auch im kommenden Jahr dazu nutzen, um von Personen und Persönlichkeiten, Fabriken und Manufakturen, Gegebenheiten und Besonderheiten, Triumphen und Tragödien zu berichten. Manch` interessante Geschichte lässt sich noch erzählen, mancher Zusammenhang klären und mancher Individualist vorstellen.
Ich denke, dass es besondere Menschen, Firmen und Entwicklungen verdient haben, aus der Vergangenheit heraus ins Licht der Pfeifengegenwart gestellt zu werden. Damit man sich ihrer erinnert, damit man aktuelle Geschehnisse besser einordnen kann und nicht zuletzt, damit man feststellen kann, dass nicht alle, aber viele Dinge schon einmal da waren oder vorkamen…und man so vielleicht der , doch recht unsicheren Zukunft der Pfeife gelassener entgegen sehen kann.
Ich danke Ihnen. Für Ihr Interesse, für Ihre Rückmeldungen und Ihre Beteiligung. Zeigt es mir doch, dass unsere Leidenschaft quicklebendig ist und von Menschen gepflegt wird, die genauso der Pfeife verfallen sind, wie ich selbst es bin.
Ein friedliches und frohes Weihnachtsfest wünsche ich Ihnen…und das sich unterm Baum vielleicht ein Neuzugang für die Pfeifensammlung oder den Tabakschrank findet.
Kommen Sie gut ins neue Jahr und lassen Sie uns auch einen Moment derer gedenken, die diesen Weg nicht mehr mit uns gehen können. Wenn Sie mögen, lesen wir uns 2019 wieder. Bis dahin wünsche ich Ihnen GUT GLUT !
Ihr RALF DINGS
