Hansfelde war 1954 noch ein eigener Ortsteil, der später mit Hamberge zusammengeschlossen wurde. Dort wurde, am 2.Juli diesen Jahres ein Junge geboren, der etliche Jahre später zu einem Großen der Pfeifenmacherszene in Deutschland werden sollte: Eckhard Stöhr.

Dort, unweit von Lübeck, hat Stöhr die meiste Zeit seines Lebens verbracht. Nach Beendigung der Schule trat er bei der Firma Dräger in Lübeck eine Lehre als Werkzeugmacher an. Nach erfolgreichem Abschluss arbeitete er noch ein Jahr dort als Geselle, bevor es ihn in gänzlich andere Gefilde zog. Eckhard wechselte zum Bundesgrenzschutz.
Um das Ende seiner Lehrzeit herum, mit 18, kam er erstmalig mit der Pfeife in Kontakt. Er blieb dabei und wurde ein leidenschaftlicher Pfeifenraucher. Fünfzehn Jahre lang begleitete ihn die Pfeife „nur“ als Rauchgerät. Das änderte sich schlagartig, als ihm ein befreundeter Händler den Katalog von „Danske Pibe“ ( heute „Danpipe“ in Lauenburg) überließ.
Stöhr war völlig fasziniert von den vorgebohrten Kanteln und anderem Zubehör, fuhr kurzentschlossen am nächsten Tag dort hin und kaufte ein. Daheim angekommen war ihm nur noch nicht so recht klar, wie es nun weitergehen sollte. Werkzeug zur Bearbeitung oder gar eine Werkstatt hatte er zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Eine Raspel, Schleifpapier und ein, an die Bohrmaschine montierter Schleifteller mussten reichen.

Mit viel Enthusiasmus und Freude an der Sache, aber auch mit viel Improvisation baute Eckhard Stöhr seine ersten Pfeifen. Zwei Dinge waren schnell klar. Er bemerkte, dass das Pfeife bauen schnell zu einer „Sucht“ für ihn wurde und das ihm die vorgebohrten Kanteln nicht genug Spielraum für seine Ideen ließen. Also suchte er nach Rohmaterialien, mit denen er seine Vorstellungen freier umsetzen konnte. Damals, wie auch in späteren Jahren waren Stöhr aber die Herkunft und Qualität seiner Materialien äußerst wichtig. Irgendwo zu kaufen kam nicht in Frage. Nachdem er seine ersten Pfeifen auf Handwerker-Märkten in der Umgebung verkauft hatte, machte er sich daran, die heimische Garage zur Werkstatt umzubauen, Werkzeuge anzuschaffen und zum Teil selbst welche zu konstruieren. Der Virus hatte ihn endgültig in vollem Umfang gepackt. Er lernte Thorkild Midtgaard kennen, einen Spezialisten im Bruyere-und Zubehörhandel, bei dem er fortan ausschließlich handselektierte Plateauware aus Griechenland und Mazedonien kaufte und mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte.

Dazu kam er in Kontakt mit eingesessenen, erfolgreichen Pfeifenmachern, wie z.B. Rainer Barbi, von denen er rasch und viel lernte. Die Profi-Karriere als Pfeifenmacher schien nur eine Frage der Zeit.
Doch, das war nie in Stöhrs Sinn. Er liebte seine Arbeit bei der Bundespolizei und wollte Pfeifen nur aus Freude, als Ausgleich zum Beruf, aus Leidenschaft fertigen. Davon ist er auch all`die Jahre nicht abgerückt.
Vom Pfeifenbau zu leben, wäre durchaus möglich gewesen. Anfänglich waren die Pfeifen mit dem bescheidenen E.S.-Stempel nur in Deutschland ein Begriff. Schnell aber sprach sich seine Qualität auch in Dänemark, Italien, Schweiz, Frankreich, China, Kanada und den USA herum. Nach seiner ersten großen Präsentation auf der Messe in Rheinbach, 2007, waren seine Unikate in Sammlerkreisen weltweit gefragt. Doch, es blieb dabei. Der Pfeifenbau war für ihn Ausgleich zum Beruf und Leidenschaft. Dabei wollte er sich nicht von Lieferterminen und Verträgen hetzen lassen.

Der Stil seiner Pfeifen war nie dogmatisch, er folgte keiner bestimmten Philosophie. Ähnlich, wie bei Barbi stand das Holz im Mittelpunkt, folgten seine Formen der Maserung, entstanden formelle Ideen während der Arbeit. Wollte man die E.S.-Pfeifen einer bestimmten Richtung zuordnen, wäre es die dänische Art, Klassiker mit leichter Hand neu zu definieren. Stöhr fertigte in glatt und gestrahlt und zu Anfang beinahe ausschließlich mit Filter. Das änderte sich, als ihn die Nachfrage nach filterlosen Pfeifen überraschte, die zum Schluss den Hauptteil seiner Arbeit darstellten. Ebenfalls bekannt wurde er durch seine äußerst präzisen, handgeschnittenen Mundstücke, vornehmlich aus Ebonit. Stöhr betonte immer wieder, für wie wichtig er erstklassige Mundstücke hielt.
Eckhard Stöhr war aber nicht nur als Pfeifenmacher geschätzt. Seine Art, seine humorige Persönlichkeit machten ihn zum begehrten Gesprächspartner für Nachwuchs-Pfeifenmacher. Seine Tips, sein Rat und auch seine augenzwinkernde Kritik waren stets gefragt und er half gern. Bei Kunden und Händlern gleichermaßen beliebt war er auch ein wenig der „Öffentlichkeitsarbeiter“ der deutschen Pfeifenbau-Szene.

Vor wenigen Jahren verließ er aus persönlichen Gründen seine alte Heimat und zog nach Bordesholm, bei Kiel. Doch, auch von hier aus bereiste Eckard Stöhr die Pfeifenmessen, auf denen er immer gern gesehener Gast war. So auch in Worth, wo er noch wenige Tage vor seinem überraschenden Tod, am ersten Juli 2018, einen Tag vor seinem 64. Geburtstag, seine Pfeifen ausstellte.
Sowohl menschlich, als auch fachlich hinterlässt Eckard Stöhr eine große Lücke. Er hat die Pfeifenszene über viele Jahre entscheidend mitgeprägt und wo Eckard war, da war auch immer etwas los. Gern und ausführlich erzählte der leidenschaftliche Angler seine Geschichten und man hörte ihm mit Freude dabei zu. Er verkörperte die Begeisterung, die Leidenschaft am und für den Pfeifenbau, wie sonst niemand.
Danke, Eckard…für Dein Mensch sein und für Deinen Enthusiasmus für die Pfeife, der uns allen viel gegeben hat.
