BALKAN SOBRANIE-Eine Tabak-Legende

 

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Ganz, wie es sich für eine Legende gehört, liegen ihre Anfänge im Unklaren.

Es gibt zwar Behauptungen, dass es die Balkan Sobranie bereits in den zwanziger Jahren als Pfeifentabak gab, wirkliche Belege dafür sind aber nicht einmal Tabakspezialisten, wie Gregory Pease, bislang untergekommen.

Wenn man dem geheimnisvollen Gemurmel der Auguren glauben will, gibt es diesen Tabak wohl schon seit Anbeginn unserer Zeitrechnung.

Fest steht, dass es die Balkan Sobranie seit 1897 gibt, da allerdings in Form von Cigaretten. Auf eben diese Glimmstengel beziehen sich auch alle Erwähnungen der früheren Zeit. Der Pfeifentabak findet erstmalig im Magazin „The Strand“ Erwähnung und zwar im Jahre 1949. Dort wurde mit folgendem Text geworben:

„Dies ist nicht nur ein Tabak zum Rauchen, dies ist ein Tabak für eine besondere Lebensweise. Er hat nicht nur eine andere, geschmackliche Fülle, sondern verschafft dem Raucher eine andere Perspektive. Es ist nicht nur ein Markenname. Die Balkan Sobranie wird sie und ihre Pfeife für immer an sich binden!“

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Die Cigarette. In ihr startete der Balkan Sobranie seine Karriere.

Na, wenn das nicht der Stoff ist, aus dem Legenden gewoben werden! Zu diesem Zeitpunkt dürfte es die Sobranie schon einige Zeit gegeben haben. Zuverlässige Quellen vermuten die Jahre vor dem zweiten Weltkrieg als Geburtszeitraum des Pfeifentabaks. Fest steht aber, dass sich der noch in den letzten Jahren gehandelte Tabak dieses Namens von der Urmischung, die seinerzeit von der Tabakfabrik für Sobranie House gefertigt wurde, in wesentlichen Punkten unterscheidet. Im Laufe der vielen Jahre wurden etliche Änderungen an der Mischung vorgenommen. Sei es, um sie dem Zeitgeschmack anzupassen oder einfach aus praktischen und notwendigen Gründen.

Wie in meinem Artikel über den Latakia in diesem Blog zu lesen ist, wurde der Anbau und die Veredlung der Latakia-Tabake zunehmend kritisch gesehen und das schon deutlich früher, als gemeinhin angenommen wird. 1960 erließ die syrische Regierung erstmalig eine Verordnung, die den Anbau, die Veredlung und den Vertrieb des Latakia empfindlich einschränkte. Daraufhin setzte ein Sturm der Aufkäufer ein, die jedes Gramm erwarben, dessen sie habhaft werden konnten.

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Eine stimmungsvolle und vollmundige Werbung aus dem Jahr 1961

Zeitgleich begann der Anbau von Latakia in Zypern. Allerdings konnte der dort gepflanzte und veredelte Tabak nicht die gleichen Charakteristika haben, wie der syrische Latakia. Die Pflanzen reagieren sehr massiv auf andere Böden und andere, klimatische Bedingungen. Außerdem verwendete man auf Zypern andere Hölzer zur Räucherung. War der syrische Latakia eher harzig, hell-würzig, mit zarterem Aroma und einer feinen Sherry-Note, kam sein zypriotischer Bruder ledriger, deftiger und rauchiger daher. Zudem hatte er weniger Süße. Um jetzt die Kundschaft nicht zu sehr zu irritieren, verwendete man den syrischen Latakia in immer geringerem Anteil und ließ seinen zypriotischen Verwandten in gleichem Maß mehr und mehr einfließen. Das machte natürlich Veränderungen an der Gesamtmischung nötig, damit der Charakter sich nicht zu sehr veränderte.

Experten gehen davon aus, dass sich spätestens seit 1978 kein syrischer Latakia mehr in der Balkan Sobranie befand. Doch, das allein konnte die Raucher nicht abschrecken. Der Übergang war fließend genug, die neue Mischung kam bei den Fans recht gut an. Bis auf ein paar Gusseiserne blieb die Anhängerschaft ihrer Sobranie treu. Das änderte sich im Schicksalsjahr 1980.

Fachleute gehen davon aus, dass die Sobranie schon lange vor diesem Zeitpunkt bei Gallaher  gemischt wurde. 1980 aber erwarb Gallaher die Rechte von Sobranie House und tat das, was nicht erst in den letzten Jahren zur Mode geworden ist…man sparte die Balkan Sobranie kaputt…und das auf recht unsensible Art und Weise.

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Ab und zu sind noch original verschlossene Dosen der alten Mixture zu finden. Die chinesischen Pfeifenkollegen wiegen solche Funde beinahe in Gold auf.

Zunächst reduzierte man den Latakia-Anteil von 50% (Rezept von 1978) auf 35% (Rezept von 1982). Damit das den Kunden optisch nicht auffiel, mischte man preiswerte, geschwärzte Virginias unter.( Gleiches galt für die Balkan Sobranie 759, also nicht nur für die Mixture) Damit jedoch nicht genug. Bei Gallaher störte man sich am komplizierten und damit zeitraubenden Rezept der Sobranie, die immerhin zwischen 17 und 19 unterschiedliche Tabake enthielt. Zudem war den Verantwortlichen der, in der klassischen Sobranie verwendete Yenidje-Tabak ein Dorn im Auge. Dieser Orient gilt als sehr mild, aber ausgesprochen würzig und farbenreich und war maßgeblich am Geschmack der Sobranie beteiligt- der Firma Gallaher aber schlicht zu teuer. Man ersetzte ihn durch einen „Bausatz“ weniger exclusiver Orients. Diesen Bausatz konnte man so auch in anderen Mischungen verwenden und die Rationalisierer jubelten.

Um die Balkan Sobranie aber so richtig vor die Wand zu fahren, strich man dem Tabak noch die notwendigen Ruhe-und Reifezeiten komplett zusammen und jagte ihn genauso durch die Maschinen und in die Verpackung, wie andere Mischungen. Apropos Verpackung: Die soliden, runden Blechdosen ersetzte man auch rasch durch minderwertige Verpackungen. Zum Schluss endete die Balkan Sobranie im schnöden Pouch.

Will man jetzt bösartig sein und das sei in diesem Zusammenhang mal erlaubt, kann man festhalten:

Die nach 1982 gefertigte Balkan Sobranie hat mit dem Ur-Tabak kaum noch etwas zu tun und unterscheidet sich geschmacklich und qualitativ enorm vom ursprünglichen Rezept. Sie ist nichts weiter, als eine x-beliebige, „englische“ Mischung und erreicht in der Qualität allenfalls Mittelmaß.

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Zum Glück stellte Gallaher die Produktion dieser „modernen“ Balkan Sobranie 2005 endgültig ein. Ganz verstanden habe ich die Jubelarien über die Wiederaufnahme der Produktion durch Germains in späteren Jahren nicht. Der nur kurzfristig erhältliche Tabak griff auch als Release auf das Rezept von Gallaher zurück. Besser wurde der Tabak dadurch nicht. Letztlich sind diese bitteren Worte aber auch nicht ganz fair. Es dürfte kaum noch einen Raucher geben, der die ursprüngliche Sobranie geraucht hat und sich noch SO genau an den Geschmack erinnert, dass er heutige „Nachbauten“ beurteilen kann. Selbst, wenn man heute noch original verpackte Altware findet und einen so robusten Kontostand hat, dass man sie erwerben kann, bekommt man Tabak, der sich durch die lange Lagerung entsprechend im Geschmack verändert hat.

Was also tun? Nun, die Vergangenheit vergangen sein lassen und sich Tabaken widmen, die der heutige Markt auch ohne Kündigung eines Bausparvertrags zugänglich macht. Huber in München macht z.B. einen hervorragenden Balkan, mit dem man die geschmacklichen Zauber vergangener Epochen sehr schön wieder aufleben lassen kann. Wer das so gar nicht übers Herz bringt, kann sich ja für 20-30 Euro eine leere Balkan Sobranie-Dose ersteigern und den Huber umfüllen. So hat man das Beste aus zwei Welten. Nostalgische Verpackung ohne Hysterie-Aufkleber von damals, gefüllt mit Tabakgenuss von heute. So kann man durchaus glücklich werden.

Das reicht Ihnen als Trost nicht aus ? Nun, gestatten Sie mir noch eine Bemerkung. Der Mensch neigt generell in der Betrachtung und Beurteilung früherer Dinge zur Verklärung. Vielleicht werden in 40 Jahren die (hoffentlich) verbliebenen Pfeifenraucher mit Rührung im Blick auf das Jahr 2019 schauen…und uns um all`die tollen Tabake beneiden, die wir heute rauchen dürfen.

Quod magnum momentum est momentum- das gilt auch für das Pfeife rauchen.

Ach so: Wieso überhaupt Sobranie? Nun, die ursprünglichen Gründer des Unternehmens, die Familie Redstone, begann damit, dass man ab 1879 die gerade in Europa modern gewordene Cigarette nach russischem Vorbild fertigte. Sobranie ist ein russisches Wort und bedeutet soviel, wie Kollektion.

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Traut vereint auf einem Bild. Die Cigarette und der Pfeifentabak. Allein für solche Aschenbecher , Cigaretten-und Tabakdosen sind heute hohe Preise zu bezahlen.

 

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