Drehen wir die Zeit ein wenig zurück. Im Jahr 1972 befindet sich ein US-Verkehrsflugzeug auf dem Weg von Dallas/Texas nach Phoenix/Arizona. Einen Doppelsitz teilen sich ein baumlanger Amerikaner und ein eher untersetzter,kräftiger Däne mit Vollbart. Der Amerikaner spricht den Dänen an: „Weißt Du, ich bin Schauspieler. Man kann ganz gut davon leben!“ Der Däne antwortet schlagfertig: „Ich bin Pfeifenmacher. Davon lebt es sich nicht ganz so gut!“ Die beiden Herren unterhalten sich angeregt, der Schauspieler findet den Beruf des Pfeifenmachers eher skurril, erkundigt sich aber interessiert nach Einzelheiten. Auf dem Flughafen von Phoenix gibt es dann noch ein Erinnerungsfoto. Man wünscht sich Erfolg und die Wege trennen sich. Der Schauspieler ist John Wayne und der Pfeifenmacher Bjarne Nielsen. Obwohl…Pfeifenmacher? Naja, der Reihe nach!

Der 1941 geborene Bjarne begann mit 16 Jahren, Pfeife zu rauchen. Während der Schule und dem abschließenden Studium waren die Finanzen knapp und so machte er sich seine Pfeifen selbst. Die gefielen Mitschülern so gut, dass er auch für sie welche fertigte. Den Beruf des Pfeifenmachers strebte er allerdings nicht an. Er absolvierte seinen MBA-Abschluss an der Universität in Kopenhagen und fand eine Anstellung beim dänischen Außenministerium. Seine Aufgabe bestand darin, dänischen Firmen zu helfen, Verbindungen für den Export ihrer Waren zu knüpfen.
Das war Mitte der 60er Jahre. Die dänischen Pfeifen waren in aller Welt sehr gefragt und in Gesprächen mit Vertretern verschiedener Länder und Märkte wurde Bjarne immer wieder gefragt, ob er nicht Lieferanten für dänische Pfeifen wüsste. Das musste er stets verneinen, da alle Hersteller Dänemarks voll und ganz ausgelastet waren. Eher zur Probe schickte er den Interessenten Fotos seiner selbst gebauten Pfeifen und die Nachfrage war überwältigend. Bjarne Nielsen hingegen war hin und her gerissen. Einerseits war eine eigene Pfeifenfirma ein Traum von ihm, andererseits hätte er dafür eine vielversprechende Karrieremöglichkeit im diplomatischen Dienst sausen lassen. Letztlich gewann die Pfeife und auch Frau Nielsen war zwar nicht sehr glücklich über diese Entscheidung, sagte ihrem Mann aber vollste Unterstützung zu.

Es gab einige Pfeifen machende Betriebe in Dänemark, doch, nicht alle dort beschäftigten Pfeifenmacher waren mit ihrer Arbeitssituation auch wirklich zufrieden. Bjarne fand ein paar dieser Macher bei Preben Holm, warb die Leute ab und startete seine eigene Produktion. Viele seiner Freunde hielten die Entscheidung für verrückt, doch ab 1973 war Bjarne Nielsen vollberuflich als Pfeifenproduzent tätig- und rasch sehr erfolgreich.
Zunächst waren die USA der einzige Markt, auf dem Nielsen seine Pfeifen anbot. Er wusste, was die Amerikaner wollten und wurde dort schnell zu einer gefragten Marke. Völlig überrascht war Bjarne Nielsen, als er 1978 die deutsche Pfeifenmesse in Frankfurt besuchte und feststellte, wie anders die Pfeifen waren, die beim deutschen Raucher Erfolg hatten. Schnell und entschlossen, wie er war, begann er, mit seinen Leuten auch passende Linien für den deutschen Markt zu schaffen, natürlich auch mit der gefragten 9mm-Filterung.

Sein Stil kam an und für etliche Jahre wurde Deutschland der erfolgreichste Markt für Bjarne Nielsen Pfeifen. Für ihn arbeiteten wirklich gute und anerkannte Macher. Johs kümmerte sich um die einfacheren Stücke, die unter dem Namen „Bjarne“ in die Läden kamen. Phil Vigen und Tonni Nielsen gehörten zu den Machern, die die hochwertigen Stücke schufen, die dann mit „Bjarne Nielsen“ gestempelt wurden. Da nie der Name des Machers mit auf die Pfeife kam, waren die Pfeifenraucher der Ansicht, dass diese Pfeifen vom Meister selbst geschaffen wurden. Bjarne Nielsen wusste um diesen Irrtum. Marketingtechnisch clever hat er den aber nie korrigiert.

Deshalb anzunehmen, er habe vielleicht nicht die Ahnung und das Rüstzeug für die Pfeifenmacherei gehabt, wäre aber ein Fehler. Bjarne Nielsen besaß ein gutes Auge für Qualität, ein Gespür für Stile und wusste sehr genau, was einen guten Pfeifenmacher von einem schlechten unterscheidet. Sein größtes Pfund waren aber sein Geschäftssinn, seine Fähigkeit, Kontakte zu knüpfen und seine Rührigkeit. Bis zu sechs Monate pro Jahr brachte er damit zu, durch die Welt zu reisen, sich ein persönliches Bild von den jeweiligen Märkten zu machen und Geschäftsbeziehungen zu pflegen und auszubauen.
Zu Beginn der 90er Jahre beschäftigte Bjarne Nielsen sieben Pfeifenmacher und seine Pfeifen wurden in 32 Ländern der Erde verkauft. Er reinvestierte größere Summen in den Betrieb, häufte beachtliche Mengen an Bruyere an und sorgte für langfristige Lagerung, um stets gutes Material zu haben und von Schwankungen unabhängig produzieren zu können. Dazu kam eine eigene Tabaklinie, die Bjarne mit dem Haus DanTobacco entwarf, mit dem ihn auch eine gute Freundschaft verband, er entwarf Pfeifenmodelle für Stanwell und 1999 auch für Brebbia. Bjarne Nielsen liebte die Pfeife und lebte sie auch- voller Sachverstand und Leidenschaft.


Doch, dieses Leben fand in der Nacht zum 26.Februar 2008 ein jähes Ende, als Bjarne Nielsen mit 66 Jahren an einem Herzinfarkt verstarb. Da sich niemand fand, der die Aufgaben von Bjarne übernehmen konnte und wollte, ging sein Unternehmen gemeinsam mit ihm. Er hinterließ nicht nur bei seiner Familie eine große Lücke. Viele Freunde und Geschäftspartner rund um den Globus hat sein Verlust sehr traurig gemacht…und die Pfeife verlor eines, ihrer besten Zugpferde.
Tom Fitzpatrick, ein enger Freund der Familie und erfolgreicher Händler verwaltete über einige Jahre das, was man als das Erbe von Bjarne Pipe ansehen konnte. Besondere Pfeifen, den Holzvorrat und das Inventar hielt er bis zum Jahr seines Todes, 2017, in einer Hand zusammen. Danach wurde es an verschiedene Händler verkauft und auch die letzten Spuren eines einstmals großen und erfolgreichen Unternehmens wurden in alle Winde verstreut.
Bjarne Nielsen aber bleibt unvergessen. Nicht nur für seine Familie und seine Freunde, sondern auch für die Pfeifenszene, die Überzeugungstäter wie ihn heute dringender bräuchte, als je zuvor.
