ASHTON-Die Leidenschaft des William Taylor

William Taylor war zarte 15 Jahre alt, als er sich 1959 bei Dunhill um eine Ausbildung  zum Pfeifenmacher bewarb. Er wurde tatsächlich eingestellt, doch ihm wurde schnell klar, dass sein Drang zum Pfeifen machen zunächst einmal keine Beachtung finden würde. Werkstatt fegen, Tee holen, Arbeitsplätze aufräumen- das war zunächst sein tägliches Brot.

Dunhill beschäftigte zu dieser Zeit eine ganze Gruppe erfahrener, hochkarätiger Pfeifenmacher. William fiel aber schnell auf, dass diese Leute keineswegs als Team arbeiteten. Jeder Könner hatte seine eigenen Vorgehensweisen und Tricks, die er eifersüchtig vor seinen Kollegen verbarg. Was allerdings allen Pfeifenkünstlern bald auffiel, war Williams großes Interesse an ihrer Arbeit und an der Pfeifenmacherei generell. Das ging soweit, dass sich der Junge missglückte Pfeifen und Materialreste mit nach Hause nahm, um an und mit ihnen seine Ideen auszuprobieren.

Es war dann Harry Saigrott, ein absoluter „Meister der Bank“ bei Dunhill, den das Talent des jungen William reizte und der begann, dem neugierigen und aufmerksamen Schüler einige, seiner Tricks zu zeigen. Das wiederum erzeugte die Eifersucht der Kollegen. Wenn dieser junge William Taylor schon ein hoffnungsvolles Talent war, dann sollte er auch IHRE Spezialitäten kennenlernen. So entstand für William (Bill) Taylor die beste Schule, die ein Nachwuchsmann der Pfeife durchlaufen konnte.

William „Billy“ Ashton-Taylor

Bill wuchs mit seinen Aufgaben, stieg zur Top-Riege der Pfeifenmacher bei Dunhill auf und war mit seiner Arbeit sehr zufrieden. Zu Beginn der 80er Jahre allerdings wuchs in Bill zunehmend der Wunsch, sich als Pfeifenkünstler auf eigene Beine zu stellen. Die Bedingungen bei Dunhill wurden nicht besser und Bill hatte so viele Ideen, die er gerne probieren und umsetzen wollte. Dafür war im engen Produktionsablauf bei Dunhill aber kein Raum.

Als William Taylor im Februar 1983 bei einer Vorführung in einem Fachgeschäft in England Pfeifen vor Ort fertigte, war auch eine Person anwesend, die für Bills weiteren Werdegang zur Schlüsselfigur werden sollte: David Fields. Fields gehörte schon damals zu den einflussreichsten und bedeutendsten Pfeifenverkäufern und –importeuren der USA. Er hatte u.a. den Pfeifen von Toto Amorelli, Mastro Beraldi, Paolo Becker und Il Ceppo bereits zu entsprechendem Erfolg in den Staaten verholfen .

Ohne ihn hätte es wohl Ashton nie gegeben. R.D. Fields, Entdecker, Förderer und guter Freund von Bill Taylor

Fields wurde auf Taylor und seine geschickte, talentierte Arbeit aufmerksam. Da er ohnehin auf der Suche nach einem englischen Hersteller war, der den amerikanischen Markt mit hochwertigen, handgemachten Pfeifen ergänzen könnte, bat er Bill Taylor zum Gespräch.

Taylor war zunächst sehr skeptisch ob des Angebots. Man muss bedenken, dass die Pfeife zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem absteigenden Ast war, Bill bei Dunhill ein gesichertes Einkommen hatte, um seine Familie ernähren zu können und ihm der amerikanische Markt völlig unbekannt war.

Wunderschöne Bulldog in typisch tiefem Ashton-Relief

Nach einiger Zeit der Abwägung willigte Taylor dann ein es zunächst nebenberuflich zu versuchen. Die erste Pfeife, die dann aber bei Fields in den USA ankam, hatte wenig mit dem zu tun, was Fields sich vorgestellt hatte. Zu fabrikmäßig, zu dezent, zu bekannt in Oberfläche und Stilelementen. Er zweifelte eine ganze Zeit lang an, wirklich den richtigen Mann für den Job gefunden zu haben. In der, danach folgenden Zeit wurde der Stil zwar passender, Fields erreichten in fast einem Jahr aber nur 31 Pfeifen. Ein Tropfen auf den heißen Stein. Das führte dazu, dass Fields der Kragen platzte, er nach England reiste und sich Bill Taylor zur Brust nahm.

Es ging um radikale Maßnahmen zu einem wirklichen, kraftvollen Start ohne Halbheiten und Improvisation. Der zunächst überrumpelte Taylor sah rasch ein, dass ein Erfolg sich nur mit vollem Einsatz einstellen würde. Unter anderem ging es darum, einen einprägsamen Namen für die neue Pfeifenfirma zu finden. Nach verworfenen Vorschlägen, wie „Ashley“ und „Asterbury“ kam man schließlich auf ASHTON. Der Startschuss war gefallen. Über die bevorzugte Linie herrschte ebenfalls rasch Klarheit. Klassische Shapes, gern mit einem gewissen Extra und vornehmlich in sandgestrahlter Oberfläche, für deren Ausführung Bill Taylor schon einige Ideen entwickelt hatte. Nun ging es also um das passende Werkzeug und natürlich um das richtige Holz.

Der Meister bei der konzentrierten Arbeit

Im Frühling 1984 starteten Bill Taylor und David Fields dann eine Einkaufstour nach Italien. Taylor hatte einige Rohpfeifen im Gepäck, da es zunächst darum ging, die passende Sandstrahlkabine zu finden. Bei einem, Fields bekannten Hersteller trug man seine Wünsche vor und der Geschäftsführer zeigte seine verschiedenen Modelle, die Taylor mit den Rohlingen ausprobierte. Die Kabinen wurden immer größer und leistungsfähiger, doch Bill war nie zufrieden. Als sie zum zweitgrößten Modell kamen, einem Ungeheuer von Maschine, steckte Bill die Hände in die dicken Gummihandschuhe, hielt einen Rohling vor die Düse und betätigte das Pedal für den Kompressor. Der Strahl zerlegte in einer Sekunde den Rohling in kleine Holzfetzen und Bill sagte: „Die ist es-gekauft!“

Beim Holzkauf in der Toskana erwarben David und Bill nach drei Tagen intensiven Suchens in den Bruyerebergen des Händlers insgesamt sieben Säcke mit Kanteln, die nach ihrer Heimkehr geliefert werden sollten. Während Bill sich mit seiner engagierten Hilfe Frank Lincoln, ebenfalls einem ehemaligen Dunhill-Mann, an die Arbeit machte, kehrte David Fields zunächst deutlich beruhigter nach Amerika zurück. Er schien wohl doch den richtigen Mann gefunden zu haben.

Als das Holz bei Bill Taylor angeliefert wurde, waren es nicht nur die bestellten sieben Säcke mit ausgewählten Kanteln, sondern zusätzlich sieben Säcke mit recht flachen, dafür aber sehr breiten Kanteln. Anfänglich wollte man diese Säcke zurückschicken, dann aber kam Bill auf die Idee, die Kanteln im Crossgrain zu verarbeiten und sie auch so zu strahlen. Im Grunde war also der Zufall Geburtshelfer, für das später so berühmte „Pebble Grain“ von Ashton.

Von nun an ließ Bill Taylor seinen Ideen freien Lauf und entwickelte Verfahren weiter, die ihm durch das Studium des Pfeifenbaus und durch die Zeit bei Dunhill bekannt waren. So staunte David Fields nicht schlecht, als er bei einem Besuch in England Zeuge eines, wie er sagt, unglaublich stinkenden Verfahrens wurde. Bill kochte lange Stücke Stangenebonit für drei Stunden in Wasser, um so viel Schwefel wie möglich vor der Weiterverarbeitung zu entfernen. Über lange Jahre der Grund, warum Ashton-Mundstücke sich kaum verfärbten.

Das berühmte „Pebble Grain“. Ein optischer und haptischer Genuss.

Fester Bestandteil der Pfeifenmacherei von Bill Taylor war auch das „Oil-Curing“, dessen Verfahren er weiter entwickelte und perfektionierte. Zunächst werden die vorgedrehten Köpfe für acht Stunden erhitzt, damit sie sich dehnen, die Poren sich öffnen. Danach werden die heißen Köpfe für acht Stunden in einer Ölmischung gebadet, wobei das offene Holz das Öl aufnimmt, wie ein Schwamm. Die dann vollgesogenen Köpfe kommen zum Schluss auf beheizte Messingstäbe und haben zwei Wochen Zeit, dass Öl wieder abzugeben. Erst dann wurden aus den Köpfen die Pfeifen gefertigt. Ein unglaublich aufwendiges Verfahren.

Bereits während des Jahres 1984 entwickelte sich Ashton zu einer aufstrebenden und in den USA sehr gefragten Marke. Pfeifen ohne sterile Perfektion, dafür aber mit viel Persönlichkeit, besonderen Grains und Oberflächen und mit grandioser Rauchbarkeit. Zudem noch günstiger, als die seinerzeit nicht mehr so überzeugenden Dunhills. DAS traf am amerikanischen Markt ins Schwarze, die Nase von David Fields hatte sich wieder einmal als goldrichtig erwiesen. Doch Stillstand bedeutet, bald wieder aus der Aufmerksamkeit des amerikanischen Pfeifenfreundes zu verschwinden. Außerdem war Bill Taylor immer auf der Suche nach neuen Ideen und Verfahren. Inzwischen war er von seinem Erfolg so begeistert und so stolz auf die erreichte Qualität, dass er sich entschloss, seinen Firmennamen in seinen richtigen Namen zu übernehmen. Von nun an hieß er also William Ashton-Taylor. Den meisten Freunden war er aber über die Jahre immer nur als „Billy“ bekannt.

1985 besuchte Bill mit David Fields Davids Freund Gigi Radice. Fields wollte Taylor das Verfahren von Radice zeigen, der in einer Mischung aus Rustizierung und Strahlung ganz besondere Effekte erzielte. Auf der Heimfahrt hielt man bei einem Hersteller für Cappuccino-Maschinen an, wo Bill zwei Maschinen kaufte. Das erstaunte David Fields zwar, er fragte aber nicht weiter nach.

Eine Ashton „Old Church“-Bent in bestechender Qualität

Bill fand das Verfahren von Radice sehr interessant, hatte aber rasch eine Idee, wie man es verfeinern, verbessern konnte. Eine der Cappuccino-Maschinen fand ihren Weg in die Werkstatt. Dort wurden die vorher durch das Oilcuring gegangenen Köpfe unter dem heißen Dampf erhitzt, so, dass das weiche Holz aufquoll. Das wurde dann durch Rustizierung bearbeitet und entfernt und erst danach wurde gestrahlt. So kam die „Pebble-Shell“-Oberfläche zustande, die den alten Shell Briar-Qualitäten von Dunhill so ähnelte und bei den Fans so gut ankam. Dieses Verfahren hat sich Bill Ashton-Taylor später patentieren lassen.

Bill Ashton-Taylor. Ein Mann, der die Pfeife liebte und lebte. Der einen ganz eigenen, urigen Stil fand, sich aber stets an den klassischen, englischen Shapes orientierte. Ein Mann, der stets mit Rat und Tat zur Seite stand, um anderen, aufstrebenden Pfeifenmachern zu helfen. So unterstützte er z.B. Les Wood bei der Gründung seines „Ferndown“-Unternehmens und half später Ian Walker sehr bei der Einführung von Walkers „Northern Briar“. Taylor, der Pfeifenmacher, der alte Traditionen in der Pfeifenmacherei aufgriff. Verfahren, die andere Firmen aufgrund ihrer Kostspieligkeit und ihres Zeitverbrauchs längst abgeschrieben hatten, belebte er neu. Weil es ihm stets darum ging, die Pfeifen auf die bestmögliche Art zu fertigen…nicht auf die günstigste.

Bill Ashton-Taylor war aber auch ein Mann mit Weitblick. Zeitig suchte er sich mit James Craig einen jungen, talentierten Pfeifenmacher, dem er all`sein Wissen vermitteln und überlassen konnte, damit Craig in der Lage war, dass Lebenswerk von Ashton-Taylor fortzusetzen. Es gelang, wie wir wissen. Bis heute hält Jim Craig den Namen Ashton im Geschäft und in Ehren. Ganz in Bills Sinn.

Jim Craig, das heutige Gesicht hinter Ashton Pipes

Bill Ashton-Taylor war aber auch ein Mensch, der gern und gern auch mal ausschweifend lebte. Die Feiern mit ihm sollen legendär gewesen sein, er war ein charmanter, weltgewandter Mann, der keinen Grund zu Spaß und Umtrunk ausließ. Seiner Leber hat das sicher nicht gut getan, an deren Zersetzung er letztlich auch verstarb. Sein letztes halbes Jahr war aber immer noch von der Pfeife geprägt. Er führte lange Gespräche darüber, wann immer es sein Zustand noch zuließ.

William Ashton-Taylor verstarb am 16. September 2009 , kurz nach dem Besuch seiner Tochter Nicola, um 11.40 h GMT.

Ein wunderschönes Beispiel für Bill Taylors Strahlungskunst

Sein langjähriger, enger Freund und Förderer, R.D. Fields beschloss am 31. Dezember 2017, sich nach 37 erfolgreichen Jahren aus dem Handels-und Importgeschäft mit Pfeifen und Tabaken zurückzuziehen.

Die Ashton-Pfeifen aber leben weiter. Bleibt nur, Jim Craig weiterhin viel Erfolg mit diesen großartigen Produkten der echten, englische Art zu wünschen. Allerdings ist seine Art Pfeifen zu machen nicht unumstritten. Die Ashton-Fans haben sich in zwei Lager gespalten, die sich auch recht unversöhnlich gegenüber stehen. Die eine Seite kann den Craig-Ashtons durchaus etwas abgewinnen. Sind sie doch immer noch in guter Qualität gefertigt und bieten mit ihren modernen Ansätzen (wie zum Beispiel bunten Mundstücken) auch etwas für die jüngere Generation der Pfeifenfans. Die Traditionalisten hingegen lehnen solche Modernität ebenso ab, wie auch die etwas weniger feine Ausarbeitung der aktuellen Ashton-Modelle. Sie monieren, dass vor allem, seit auch Craigs Söhne mit im Unternehmen tätig sind, die Feinheit der Pfeifen deutlich gelitten habe. Für sie ist eine Ashton nur eine Ashton, wenn Billy Taylor sie gefertigt hat. Wer nun Recht hat? Machen Sie, lieber Leser, sich am besten ein eigenes Bild.

Ashton Souvereign. Natürlich findet sich auch für die Freunde glatter Oberflächen die passende Ashton !

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