SVENDBORG PFEIFEN-ESPRIT UND FLEISS

Eines, der wenigen Bilder, auf denen auch Henrik Jørgensen (hi.) zu sehen ist.Im Vordergrund Tao Nielsen.

Es lief gut, Ende der 60er Jahre bei Erik Nørding. Durch Preben Holms Kontakte in die USA waren dort die dänischen „Fancy Pipes“ sehr gefragt. Große Pfeifen, oft mit weit ausgestellten, tulpenförmigen Köpfen, in Bentform mit stark ausgestelltem Holmende, viel Naturborke und phantasievollen Mundstücken. Die Nachfrage nach diesem Pfeifentyp war so hoch, dass Preben Holm allein mit seiner Manufaktur nicht in der Lage war, sie zu befriedigen. So stieg auch Erik Nørding  in dieses Geschäft mit ein und machte sich auf die Suche nach Pfeifenmachern, mit denen er sein Team verstärken konnte. Die Geschäfte liefen landesweit sehr gut, Fachkräfte waren aber kaum in genügender Zahl vorhanden. Eine gute Chance für den Nachwuchs. So stellte Nørding zwei junge Talente ein, von denen die Pfeifenwelt in den kommenden Jahrzehnten noch viel hören sollte: Poul Ilsted und Jens Tao Nielsen. Die beiden verstanden sich auf Anhieb gut und wurden in ihrer Zeit bei Nørding gute Freunde.

Typischer Fancy-Stil, wie er seinerzeit vor allem in den USA extrem gefragt war.

Es dauerte allerdings nicht allzu lange, da wurden die Freunde der bizarren, ausgefallenen Formen überdrüssig. Statt jeden Tag „Fancy Pipes“ zu fertigen, wollten sie lieber ihre eigenen Formideen in die Tat umsetzen. Gemeinsam beschlossen sie, unter dem Brand „Tao&Ilsted“ eine eigene Firma zu gründen…aber wie?

Zum ersten Mal war ihnen das Glück hold, als sie auf einen erfolgreichen Kopenhagener Banker trafen, der ausgesprochener Pfeifenenthusiast war. Henrik Jørgensen erfuhr von dem Plan der Freunde und hängte kurzerhand seinen Bankjob, dessen er überdrüssig geworden war, an den Nagel.

Poul Ilsted Bech 1980

Er organisierte die finanzielle Seite und machte sich mit Ilsted und Tao auf die Suche, um ein geeignetes Gebäude zu finden. Anfangs gestaltete sich das, der recht dünnen Finanzdecke wegen, recht schwierig. Dann aber fand man auf der Insel Fünen, genauer in Svendborg, die aufgegebene Fabrik der  „Nordisc Pibefabriker-einstmals die älteste Pfeifenfertigung in Dänemark. Dieses Gebäude ließ sich für recht günstige 16500 dänische Kronen erwerben, so war noch genug Reserve für Maschinen und Rohstoffe vorhanden. Anfang 1970 gründeten die drei hier die neue Firma „Svendborg Piber“.

Nein, einfach war der Beginn nicht. Doch, als man nach Deutschland reiste, um einen Händler zu finden, war dem Trio das Glück zum zweiten Mal gewogen. In Kassel trafen sie auf Detlef Seiffert, Seniorchef von Seiffert Import Co. Seifferts Firma gehörte zu den großen und erfolgreichen Unternehmen in der Tabak-und Pfeifenbranche, er selbst war ein Macher und guter Kenner der Szene. Detlef Seiffert erkannte das Potential des jungen Trios schnell, verschaffte ihm beachtliche Aufträge für Serienpfeifen und nutze seine nationalen und internationalen Verbindungen, um Svendborg rasch bekannt zu machen.

Svendborg Handmade von Kai Rasmussen. Erstklassige Verarbeitung und perfekte Strahlung.

Mit seinem hohen Qualitätsanspruch und seiner Forderung nach Disziplin und Produktivität wurde Seiffert aber auch eine Art „General“ für das kleine Unternehmen. Kleckern war nicht Seifferts Sache, so arbeiteten schon nach wenigen Monaten siebzehn Pfeifenmacher für Svendborg, die über mangelnde Beschäftigung nicht klagen konnten. Seiffert sorgte als Motor für anhaltenden Erfolg, trotzdem hielt das Trio bei Svendborg nur knapp zwei Jahre. Poul Ilsted entschied, dass er nicht länger Serienpfeifen fertigen wolle und stieg aus, um sich auf eigene Füße zu stellen. Im Nachhinein ist sein Entschluss nur sehr schwer nachzuvollziehen. Einmal heuerte er nach seinem Weggang doch wieder bei Nørding an und zum Zweiten gab es bei Svendborg, neben der Serienfertigung, immer die Möglichkeit, Einzelstücke unter eigenem Namen zu schaffen.

Jørgensen und Tao machten allein und weiterhin sehr erfolgreich weiter. Für ein paar Jahre gesellte sich auch der, später ebenfalls sehr bekannte, Kai C. Rasmussen dazu. Seiffert wusste um die Qualitäten des Teams und profitierte sehr von deren Formenideen und Vielfalt. Das machte es ihm relativ leicht, mit der Marke im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Kenner behaupten heute, die Svendborg aus den Anfangsjahren seien die innovativsten und besten Serienpfeifen, die je aus Dänemark kamen. Dem kann man zustimmen.

Svendborg Baltic von Tao Nielsen

Neben den Serienpfeifen fanden auch die „Svendborg Handmades“ einen festen Liebhaberkreis und waren äußerst gefragt. Seinerzeit war es üblich (wenn auch nicht durchgehend), dass der jeweilige Macher seine Handmades mit seinen Initialen versah. KAJ stand für Kai Rasmussen, TAO für Jens Nielsen…nur Henrik Jørgensen sah sich gezwungen, einen weiteren Pfeifenmacher zu erfinden und sich so ein Pseudonym zuzulegen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass es unklug wäre, in Dänemark eine Pfeife mit dem Kürzel HJ (Henrik Jørgensen) zu versehen, wurde Jan Hansen „geboren“, der von da an seine Pfeifen mit JH stempelte.

Zwischen Detlef Seiffert und dem Svendborg-Team entwickelte sich mit der Zeit eine, beinahe familiäre Bande. So durfte sogar Seifferts jüngster Sohn, Jan Harry, im Alter von sechs Jahren in den Ferien zu Svendborg, wo sich Tao seiner annahm. Er drückte dem kleinen Kerl einen Kantel in die Hand und Jan Harry fertigte seine erste Pfeife. Sogar rauchen durfte der Junge sie selbst- es soll allerdings nicht lange gedauert haben, bis dem Kleinen speiübel war. Nach seinem Schulabschluss kehrte Jan Harry Seiffert übrigens zu Svendborg zurück, um sich von Tao Nielsen die Feinheiten beibringen zu lassen, die auch Jan Harry zu einem bekannten Pfeifenmacher werden ließen.

Jens Tao Nielsen, kurze Zeit nach seinem Ausscheiden bei Svendborg, in eigenem Laden mit Werkstatt.

1980 aber kam der Bruch. Man lieferte vor allem in die USA und die Amerikaner wollten nicht nur die Formen der Pfeifen bestimmen, sie drängten auch auf immer kostengünstigere Produktion, um das Geschäft mit Svendborg noch lukrativer zu machen. Jørgensen wollte zumindest mit Kompromissen auf diese Forderungen eingehen, Tao lehnte diese Bevormundung aber rundum ab. Man fand keinen Konsens und Ende 1980 verließ Jens Tao Nielsen Svendborg. Es ist oft zu hören, dass danach die Qualität massiv nachgelassen hätte. Das kann man aber genauso wenig bestätigen, wie das Gerücht, dass alle facettierten Svendborgs aus der Hand von Poul Ilsted stammen.

Der Charme und die Innovation, die Svendborg bis dahin auszeichneten, gingen allerdings zunehmend verloren. Bis Mitte der 90er Jahre hat Henrik Jørgensen trotzdem tapfer allein weitergemacht. Dann verkaufte er, nicht zuletzt aus Altergründen, den Namen Svendborg an Detlef Seiffert. Mehr als der Handelsname blieb leider nicht und selbst der litt zuletzt, als Seiffert ihn weiter an Planta verkaufte und man in Berlin die langweiligsten und aufgeblasensten Shapes mit diesem, einstmals so glänzenden Namen „verzierte“.

Zwei typische Bents von Jan Hansen (Henrik Jørgensen), die untere mit originell rustizierter Oberfläche.

Wer ein Stück der glorreichen Svendborg-Geschichte sein eigen nennen möchte, wird auf dem Estate-Markt noch immer fündig. Sogar einzelne Handmades lassen sich noch finden. Den Status des Sonderangebotes haben gute Svendborgs aber schon lange hinter sich. Wer Qualität will, muss sich an Preise gewöhnen, die mittlerweile deutlich auf oder über dem vergleichbaren Stanwell-Niveau liegen. Eine absolute Ausnahmeposition nehmen die Pfeifen ein, die von Tao Nielsen gefertigt wurden. Wer solch` ein Exemplar in gepflegtem Zustand in die Vitrine holen will, muss sich aktuell an Preise zwischen 250 und 500 Euro gewöhnen.

Für eine Pfeifenmanufaktur, die nur etwa 25 Jahre existierte, hat Svendborg den Nachkriegspfeifenbau entscheidend mitgeprägt. Nicht zuletzt Detlef Seiffert ist es zu verdanken, dass der geniale Geist dieser Marke weltweit bekannt wurde.Vielleicht ein Grund dafür, dass es noch heute eine treue Fangemeinde für die Pfeifen von der Insel Fünen gibt. Ich zähle mich gerne dazu.

Das leider teuerste Namenskürzel auf einer Svendborg. Ein Modell von Jens Tao Nielsen.

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