Mooreiche ist über 10000 Jahre alt, ganz schwarz und dem Bruyere sehr ähnlich. Zudem ist es relativ günstig, da leicht zu finden und zu verarbeiten. Dieses Fazit ist ebenso kurz, wie falsch…auch wenn man es, zumindest in Teilen, immer wieder hört und liest. Schauen wir uns doch einmal an, was es mit diesem besonderen Holz, das auch auf die Namen Morta, Abonos und Bog Oak hört, wirklich auf sich hat.

Wie kommt es überhaupt zu diesem Holz? Es wächst ja nicht einfach im Wald. Nun, Eichenwälder gedeihen besonders gut in der Nähe von Flüssen. Die dortigen Böden sind häufig sandig, kies-oder lehmartig, gestatten eine tiefe Verwurzelung und somit eine gute Versorgung mit Nährstoffen. Mit den Jahrzehnten und Jahrhunderten suchen sich Flüsse aber ihren eigenen Lauf. Sie waschen Uferteile aus und untergraben somit auch die, in Ufernähe stehenden Bäume. Mit der Zeit verlieren die Eichen den Halt für ihre Wurzeln und kippen in Richtung der Unterspülung und somit in den Fluss. Damit beginnt eine Verwandlung des Holzes, die Jahrhunderte, ja Jahrtausende andauern kann. Je nach Strömung reißt der Fluss die Stämme mit sich oder zieht sie zumindest bis zu einer Stelle mit, wo der Boden weich und sandig genug ist, dass der Stamm sich verankern, verklemmen kann.

Zunächst sorgt das fließende Wasser nun über lange Jahre dafür, dass fast alle Tannine und Harze aus dem Holz ausgewaschen werden. Das ergibt später einen besonders neutralen Geschmack der Pfeife- doch, soweit sind wir noch lange nicht. Das Wasser des Flusses transportiert aber auch Mineralien,Kiese und Schlämme, die sich nach und nach im, am und auf dem Holz absetzen, einen regelrechten Mantel um die Stämme legen und so das Holz von der Versorgung mit Sauerstoff isolieren.
Dadurch beginnt sehr langsam der Prozess der Versteinerung des Holzes. Wesentlich auf diesen Prozess und die spätere Färbung des Holzes wirkt sich aus, welche Mineralien sich bevorzugt in den, die Stämme umgebenden Schlämmen befinden und wie sie beim Eindringen ins Holz mit den noch vorhandenen Tanninen reagieren. Sind sie z.B. sehr eisenhaltig, wird das Holz während des Prozesses deutlich dunkler. Die Färbung hängt aber auch von der Dicke der Stämme ab. Zur Mitte wird und bleibt das Holz deutlich heller, als am Rand. Es ist also ein Trugschluss, wenn immer wieder behauptet wird, dass man an der Farbe der Mooreiche ihr Alter bestimmen kann. Das Alter des Stammes spielt bei der Färbung zwar auch eine Rolle, es gibt aber noch andere, wesentlichere Faktoren. So verhärtet und verdunkelt sich das Holz während der oft mehrere tausend Jahre dauernden Reife. Die Farbgebung reicht, je nach Mineralien und Alter, von einem hellen Kupferton bis zu tiefem Schwarz. Die Stämme, die gefunden werden, sind zwischen 700 und mehreren tausend Jahren alt. Der älteste, bislang gefundene Stamm wurde auf 8290 Jahre datiert. Er stammt aus dem Fluss Krapina in Kroatien. Woher man das Alter so genau weiß? Dazu kommen wir später noch !

Wie aber nun findet man diese Stämme ? Das der Zufall bei Baumaßnahmen oder nach Überschwemmungen eine Rolle spielt, ist eher selten. Spezialisten suchen ganz gezielt nach den Stämmen, wie z.B. der wohl erfahrenste Morta-Spezialist überhaupt, Davorin Denovic, aus Zagreb in Kroatien. Denovic, der im Hauptberuf wenig bis gar nichts mit Holz zu tun hat, kam über seinen Freund und Geschäftspartner eher zufällig zur Morta-Pfeifenmacherei. Sein Freund ist bekannt für ganze Raumausstattungen, Skulpturen und besondere Möbelstücke aus Mooreiche und um an ausreichend Nachschub zu kommen, spezialisierten er und Denovic die Suche danach. Kroatien ist zum Glück reich an Mooreiche, sie zu finden setzt aber ein großes Wissen über geographische Besonderheiten und Naturgeschichte voraus. Anhand alter Aufzeichnungen ehemaliger Flussläufe im Vergleich mit dem Ist-Zustand und mit Hilfe geologischer Gutachten engt man die Stellen ein, wo es sich zu suchen lohnen könnte. Hat man eine solche Stelle ausgemacht, ist es zunächst an fachlich versierten Tauchern, der Sache buchstäblich „auf den Grund“ zu gehen. Diese Taucher brauchen Erfahrung und ein gutes Auge, um unter widrigsten Bedingungen (Strömungen, aufgewirbelte Segmente) und unter all`dem Schlamm und den Ablagerungen Stämme zu erkennen, die eine Bergung lohnen. Ist ein solcher Stamm gefunden, fangen die eigentlichen Schwierigkeiten aber erst an.

Die steinigen, sandigen, schlammigen, oft dicht bewachsenen Ufer lassen einen direkten Einsatz von schwerem Gerät zur Bergung der tonnenschweren Stämme oft gar nicht zu. Nicht selten müssen die Maschinen zerlegt, am Ufer fundamentiert, aufgebaut und nach der Bergung wieder zerlegt und abtransportiert werden. Das ist natürlich nur an Stellen möglich, für die man eine Genehmigung bekommt, damit größere Umweltschäden ausgeschlossen werden können. Wenn sich aber keine Möglichkeit der Bergung ergibt, muss man schweren Herzens auf den „Fang“ verzichten.
Geborgene Stämme sind natürlich auch für Biologen, Geologen und Umweltforscher interessant. Damit man eine recht genaue Altersbestimmung der Stämme vornehmen kann, entnehmen Denovic und sein Partner den Stämmen Proben, die dann von der forstwirtschaftlichen Fakultät des Ruder-Boscovic-Instituts in Zagreb nach der Carbon-14-Methode untersucht werden. Wer es genauer wissen möchte: Das Verfahren beruht darauf, dass in abgestorbenen Organismen der Anteil an gebundenen radioaktiven 14C-Atomen gemäß dem Zerfallsgesetz abnimmt. Lebende Organismen sind von diesem Effekt nicht betroffen, da sie ständig neuen Kohlenstoff aus der Umwelt aufnehmen, der wieder den normalen Anteil an 14C-Atomen einbringt. Dieser „normale Anteil“ ist trotz des ständigen Zerfalls nahezu konstant, da 14C ständig in der oberen Atmosphäre neu gebildet wird.

Da diese Proben auch Rückschlüsse auf Umweltveränderungen zulassen, fand man im Rahmen einer Untersuchung zum Klimawandel einen weiteren Partner in der Cornell University in Ithaca/New York. Dort untersucht man die Ergebnisse erneut und bestätigt die in Zagreb gemachten Altersbestimmungen recht genau. Dies ermöglicht Denovic und seinem Freund , exakte Altersangaben über ihr verwandtes Morta machen zu können.
Nachdem ein solcher Mooreiche-Stamm geborgen ist, beginnt der schwierigste Teil der Weiterverarbeitung. Die Herausforderung besteht darin, einen komplett mit Wasser getränkten Stamm zu trocknen, ohne, dass sich das Holz dabei spaltet oder es reißt. Gemeinsam mit der forstwirtschaftlichen Fakultät wurde ein Trocknungs-und Belüftungssystem entwickelt, dass in einer Halle installiert wurde, in der die Stämme gelagert werden. Die Trocknung von Mooreiche ist nichts für Ungeduldige. Je nach Dicke des Stamms dauert eine komplette Durchtrocknung drei bis fünf Jahre.

Trotz aller Sorgfalt sind nach der Trocknung bis zu 60% des Holzes für hochwertige Verarbeitung unbrauchbar. Verfärbungen oder Erweichungen durch Pilzbefall, Löcher durch Parasiten, faulige Stellen, die schon beim Wachstum des Baumes entstanden…die Liste ist lang. Ganz extrem wird es, wenn Holz der getrockneten Stämme zur Herstellung hochwertiger Pfeifen genutzt werden soll. Während man bei der Herstellung von Skulpturen oder Möbelstücken ungeeignete Stellen überdecken oder ausschneiden kann, ist das bei den Kanteln für die Pfeifen nicht möglich. Hier ist nur der feinste Teil des Holzes brauchbar und der macht gerade einmal 1-2% der Gesamtmenge aus.
Die Verarbeitung von Morta zu Pfeifen ist mit der von Bruyere nicht vergleichbar. Davorin Denovic berichtet, dass er jeden Kantel vor der Verarbeitung unter dem Mikroskop nach möglichen Pilzschäden oder Haarrissen untersucht. Schadhafte Kanteln werden sofort aussortiert. Danach beginnt der Bohr-und Schnitzvorgang. Bohrungen sind bei Mooreiche ein besonderes Problem. Das Material kann auf nur wenigen Zentimetern unterschiedliche Härtegrade aufweisen. Wer an einer sehr harten Stelle zu bohren beginnt, kann schon einen Moment später auf so weiche Struktur treffen, dass ihm der Bohrer im Material „wegläuft“. Davorin ist ein, über Jahre erfahrener Verarbeiter von Morta, gesteht sich selbst aber z.B. bei der Bohrung des Rauchkanals eine Richtungsabweichung von einer Bohrerbreite zu, weil es mit diesem Material oft gar nicht anders zu machen ist.

Nach dem groben Zuschnitt der Pfeife wird der Kantel probeweise auf 150 Grad erhitzt, um die Festigkeit zu prüfen. Bei diesem Test ist dann oft ein lautes Knacken zu hören, dass für eine Aufstockung des Feuerholzes für den Winter sorgt. Kurz gesagt ist die Verarbeitung von Morta zur Herstellung von Pfeifen nur geduldigen und leidensfähigen Menschen anzuraten. Die Ergebnisse sprechen aber für sich. Die Kunstwerke, die Davorin aus kupferfarbenem, goldenem und fast schwarzem Morta fertigt, sind bei Pfeifensammlern in der ganzen Welt und vor allem in den USA äußerst gefragt. Das es sich dabei aber nicht um Sonderangebote handelt, dürfte sich durch den Aufwand von selbst erklären.
Nicht ganz erklärlich ist, warum sich immer noch das Gerücht hält, dass das schwarze Morta die höchste Qualität für Pfeifen sei. Das stimmt so nicht. Davorin selbst hält das kupferfarbene Morta für das schönste Material. Weil es am besten zu Glanz gebracht werden kann. In der Rauchqualität ergeben sich durch die Farben keine Unterschiede. Das Auswaschen der Tannine und Harze, das Morta so besonders geschmacksneutral macht, ist „schon“ nach wenigen hundert Jahren erledigt. Danach ändern sich die späteren Raucheigenschaften nicht mehr. Es ist also eher Geschmacksache, welcher Mortafarbe Sie den Vorzug geben. Tiefschwarze Mooreiche ist übrigens sehr selten. Meist haben die schwarzen Pfeifen noch einen leichten Grauschleier, der mit der Zeit durch das Rauchen verschwindet und die Mooreiche noch einmal nachdunkeln und dann tiefschwarz werden lässt. Farbveränderungen durch Gebrauch haben Bruyere-und Mortapfeifen also gemein.

Wie kann es denn dann sein, dass gerade in letzter Zeit immer häufiger günstige Pfeifen aus Mooreiche zu haben sind, deren Rohstoff vornehmlich aus der Ukraine und Polen stammt ?
Nun, geben Sie sich die Antwort selbst…es ist, wie beim Bruyere auch, halt eine Frage der Rohstoffqualität, der Verarbeitungssorgfalt und der kleinen Tricks und Kniffe. So wird gern mal noch sehr junge und helle Mooreiche mit Farbe auf alt und schwarz getrimmt, so übersieht man gern mal nonchalant ein paar Risse im Holz, so wird mit Warmluftgebläsen gern mal bei der Trocknung nachgeholfen. You get, what you pay for. Diese Weisheit ist auch auf Pfeifen aus Mooreiche übertragbar.
Gibt es eigentlich Besonderheiten, die man bei Mooreiche-Pfeifen berücksichtigen sollte?
Nun, ihr Holz nimmt die Kondensate noch etwas besser auf, als Bruyere, braucht aber zur endgültigen Trocknung auch etwas länger. Wer aber vernünftig genug ist, JEDE seiner Pfeifen nur einmal pro Tag zu rauchen, wird das nicht als Nachteil empfinden.
Seien Sie nicht überrascht, wenn Ihre Morta kaum oder gar keinen Cake ansetzt. Das ist völlig normal für das Material und sollte Ihnen keine Sorgenfalten auf die Stirn treiben.
Nach den ersten Rauchdurchgängen kann sich eine Pfeife aus Mooreiche etwas fettig anfühlen. Das liegt an der größeren Menge Carnauba, die zum besseren Schutz des Holzes aufgetragen wird. Einfach abwischen, das hört nach dem dritten, vierten Rauchopfer auf.
…und seien Sie nicht überrascht, wenn sich Ihre günstig erworbene Morta schon bald mit Rissen am Kopfrand oder dem Holm selbst „verziert“ oder rasch sauer schmeckt…das ist halt der Unterschied zwischen „irgendwie und günstig“ und „gut und seinen Preis wert“.
