ERIK NØRDING-Der Ernest Hemingway der Pfeifenmacher

Wer seine Hände betrachtet, kann sich gut vorstellen, dass dieser Mann ursprünglich den Beruf des Schmieds erlernte. Wer ihm ins Gesicht schaut, die Leidenschaft in den Zügen erkennt, wer ihm in die klaren, aufmerksamen Augen blickt, der versteht auch, warum ihn mal jemand den „Ernest Hemingway der Pfeife“ genannt hat. Sieht man Erik Nørding an seinem Messestand stehen, umgeben von seinem Sohn Knud, der die zweite Generation der Pfeifenmacherdynastie verkörpert und inzwischen auch Enkel Victor, mag man kaum glauben, dass der Mann inzwischen 82 Jahre alt ist.

Dabei war sein Weg nicht leicht, doch Erik Nørding sagt, er habe ihn genossen. Sieht man sein Lächeln, glaubt man ihm sofort. „Ich genieße jeden Moment“, sagt er, „ich lebe hart, spiele hart und arbeite hart.“ Doch, wie kam ein Schmied dazu, inzwischen 57 Jahre lang Pfeifen zu bauen und dabei zu einem, der erfolgreichsten Pfeifenmacher Dänemarks zu werden?

Typische Nørding Freehand der 80er Jahre. Nicht zu verwechseln mit den „Freeforms“, die vornehmlich für den US-Markt gedacht waren und erheblich größer und „wilder“ waren.

Pfeife geraucht hat Erik schon mit 15 Jahren. Sehr zum Missfallen seiner Mutter, die ihn vom Rauchen abbringen wollte, indem sie ihm eine Schachtel Zigaretten gab und ihn aufforderte, sie zu rauchen. Ihre Hoffnung, dass dem jungen Erik davon schlecht würde, erfüllte sich nicht. Nach der vierten Zigarette winkte sie ab. Fortan durfte Erik des Abends eine Pfeife rauchen, aber nur daheim und unter Anleitung des Vaters. Vater Nørding betrieb eine kleine Fabrik für Gartengeräte und Rasierklingen und war begeisterter und erfahrener Pfeifenraucher.

So wurde Erik schon in jungen Jahren zum erfahrenen Pfeifenfreund und blieb ihr auch während seiner Lehrzeit zum Schmied stets treu. Ein Jahr darauf starb der Vater und Erik unterstützte die Familie, indem er die Arbeit an einer Stanzmaschine übernahm. Seine Mutter aber war weitsichtiger. Sie sagte, Erik müsse mehr lernen, das Ingenieurswesen kennen, um die Fabrik des Vaters übernehmen zu können. Er müsse mehr wissen, als die Leute, die er leiten sollte.So ging Erik weiter zur Schule, studierte danach und wurde Ingenieur.

Eine der „Freeforms“ (hier noch recht dezent) mit denen Nørdings Erfolg begann. Diese Art Pfeife fertigt man übrigens bis heute

Die Pfeife war stets dabei, mittlerweile besaß Erik eine ganze Handvoll. Musste an ihnen etwas repariert werden, ging er stets zu einem kleinen Tabakgeschäft in Kopenhagen. Dort, bei W.Ø. Larsen arbeitete ein Reparateur namens Skovbo, der ihm seine Pfeifen stets wieder instand setzte. Nebenbei hatte Erik auch begonnen, sich in der Pfeifenmacherei zu versuchen. Die Pfeife faszinierte ihn so sehr, dass er das Interesse an der Familienfabrik verlor, da er Pfeifen so viel interessanter fand, als Rasierklingen.

Bei einem weiteren Besuch bei Larsen sprach Skovbo ihn an. Er plane, eigene Pfeifen zu machen und frage sich, ob ihm Erik nicht die passenden Maschinen bauen könnte. Nørding sagte zu, obwohl er zu diesem Zeitpunkt arm, wie eine Kirchenmaus war und sich fragte, woher er die Materialien für die Maschinen nehmen solle, ohne sie groß bezahlen zu können.

Er lieh sich ein wenig Geld, kaufte dafür Lager und begann, Schrottplätze nach alten Maschinen und billigen Gehäusen abzusuchen, die er umbauen konnte. So fertigte er mit der Zeit eine kleine Poliermaschine, eine Drehbank und eine Schleifmaschine. Als alles fertig war und bestens funktionierte, rief er Skovbo an, um ihm freudestrahlend mitzuteilen, dass die Maschinen fertig seien.

Erik Nørding, noch in weitaus jüngeren Jahren

Skovbo kam, probierte aus und war begeistert. Er teilte Erik mit, dass er nun Pfeifen machen würde und wenn die verkauft wären, bekäme Erik auch seine Arbeit bezahlt. Nørding glaubte, nicht richtig gehört zu haben. „Das geht nicht. Du musst mich bezahlen. Ich habe kein Geld und muss auch leben.“ Doch Skovbo konnte nicht bezahlen. Nachdem Erik deshalb die Herausgabe der Maschinen verweigerte, schlug Skovbo vor, doch die Pfeifen gemeinsam zu fertigen. Man einigte sich und 1963 wurde die Pfeifenmarke SON ins Leben gerufen. Beide liehen sich jeweils 5500 $, man mietete Räumlichkeiten, bezahlte Strom und Kanteln und legte los. Skovbo wollte Nørding das Pfeifen machen beibringen, doch es blieb wenig Zeit dafür, da Erik ja noch studierte. Überhaupt stand die Zusammenarbeit unter keinem, guten Stern. Schon bald erklärte Skovbo, dass Erik nie ein guter Pfeifenmacher würde, seine Hände viel zu grob wären und es nie etwas mit ihm würde. Skovbo wollte Erik aus der Fabrik haben und allein weitermachen.

Zum Glück gab es aber einen Vertrag, der klärte, dass derjenige zu gehen habe, der die Zusammenarbeit aufkündigt. Skovbo ging also und Erik stand mit der Pfeifenfabrik allein da. Er erzählt, dass seine Pfeifen zwar rauchbar waren, aber sicher nicht schön. Seine erste, selbst gefertigte Billard wollte er einer Arbeiterin aus der gegenüber liegenden Schokoladenfabrik als Weihnachtsgeschenk für ihren Neffen verkaufen. Doch, der Frau waren die 5$ dann letztlich zu viel. Man einigte sich. Sie bekam die Pfeife und er den Gegenwert in Schokolade.

Die jährlich wechselnde „Hunterpipe“. Inspiriert durch Eriks Jagdleidenschaft und ein Bonbon für jeden Sammler.

Eriks Studium war beendet, Skovbo war ausbezahlt und die Lage alles andere, als rosig. Doch Nørding kam eine Idee. Als Ingenieur konnte er Maschinen nach Zeichnungen fertigen- warum nicht auch Pfeifen? Er besuchte einige Pfeifengeschäfte und stellte fest, dass die „Pfeife nach Wunsch“ durchaus gefragt war. Einige Aufträge konnte er einheimsen und Stück für Stück nahm die Pfeifenmacherei Fahrt auf.

Nørding Freehand Grade B.Außergewöhnlich schönes Holz und besonderes Shape

Zu dieser Zeit entdeckten die Amerikaner die dänische „Freeform“ für sich. Völlig frei gestaltete Pfeifen, zum Teil schon mit bizarrer Formgebung, richtig groß und gern auch etwas bunt. Sein Kollege Preben Holm verdiente mit dem Export nicht schlecht und da es bei diesen Pfeifen weniger auf Präzision, als auf Formenideen ankam, ergriff Nørding die Chance und stieg mit ein. Das gelang so erfolgreich, dass er 1967 seinen ersten Mitarbeiter einstellen konnte.

Die mittlerweile von SON in Nørding umbenannte Pfeifenfabrik erlebte durch diese Freeform-Pfeifen einen ungeahnten Aufschwung. Die 70er Jahre wurden zu Nørdings Hochzeit, in der zwischenzeitlich 52 Mitarbeiter für die Fertigung sorgten. Unter anderem arbeiteten z.B.auch Tao Nielsen, Poul Ilsted, Søren Eric Andersen und Peder Jeppesen für Nørding.

Erik (l) und Sohn Knud Nørding. Ein erfolgreiches Team

Natürlich feilte Erik Nørding auch kontinuierlich an seinem eigenen Stil, reifte und wurde besser und besser. Vor allem in den 80er Jahren kamen von ihm Freehands auf den Markt, die neben erstklassigem Holz und perfekter Verarbeitung auch einen ganz eigenen Stil aufwiesen. Seit damals gilt Nørding als feste Größe in der Pfeifenmacherei Dänemarks. Man durchstand viele Tiefs, feierte etliche Hochs und ist immer noch am Markt-was vor allem Eriks Rührigkeit und Einfallsreichtum zu verdanken ist. Nicht nur, dass die meisten Maschinen in der, heute 8oo Quadratmeter großen, Fertigungshalle von ihm gebaut oder modifiziert wurden. Mit den acht, heute für Nørding tätigen Pfeifenmachern ist man auch stets flexibel genug, sich mit neuen Ideen dem sich ständig verändernden Markt anzupassen. Wie oben bereits erwähnt, ist mittlerweile auch die dritte Generation Nørding ins Geschäft integriert und auch die Schwiegertochter bringt sich im Marketing ein. Neben der Großserienproduktion gibt es auch nach wie vor Schmankerl aus dem Hause Nørding, wie z.B.die jährlich wechselnde „Hunter“-Pipe, die sich bei Sammlern großer Beliebtheit erfreut.

Diese Idee entstand übrigens aus der Jagdleidenschaft von Erik. Wie gesagt, der „Ernest Hemingway“der Pfeife…ein absolutes Urgestein und einer der Menschen, die die Pfeife des 20.Jahrhunderts maßgeblich geprägt haben. Wünschen wir ihm und seiner Familie, dass es noch lange so bleibt.

Nørding Straight Grain Ekstra. Schön und selten.

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