REES-DIE VERGESSENE HOCHBURG DER PFEIFE TEIL 2

Seinerzeit ein sehr erfolgreicher Slogan ! Die Zeiten ändern sich.

1928 stellte die Reeser Margarinefabrik Jurgens ihre Produktion ein und man suchte einen Käufer für die Firmengebäude. Schon bald entschloss sich die Tabakfabrik Louis Dobbelmann aus der Nähe von Rotterdam, diese Gebäude als Zweigwerk zu übernehmen. Man versprach sich davon mehr Einfluss auf den wichtigen, deutschen Markt.

Es wurden kleinere Umbauten vorgenommen, die Maschinen wurden installiert und im Herbst 1929 begann die Produktion mit 25 Mitarbeitern. Eines der wichtigsten Unternehmensprinzipien bestand in sehr enger Zusammenarbeit von Produktion und Vertriebsleitung. Der Kunde bekam seine Bestellung quasi „just in time“ gefertigt, was den Dobbelmann-Tabaken den Ruf der besonderen Frische eintrug. Das führte zu reger Nachfrage beim Fachhandel, speziell in Norddeutschland waren die Dobbelmanns ein “echtes Pfund“ und zu entsprechendem, wirtschaftlichen Erfolg. Im Jahr 1939 arbeiteten bereits 40 Mitarbeiter für das Reeser Zweigwerk und der Erfolg nahm stetig zu. Der beginnende, 2. Weltkrieg setzte dem vorerst ein Ende, zumal bei einem Angriff im Jahr 1945 über 90% der Fabrikgebäude bis auf die Grundmauern zerstört wurde.

Die neue Pfeifenfabrik am Westring, die bis 1948 fertiggestellt wurde.

Bereits 1946 machte man sich an den Wiederaufbau, plante dabei aber größer, moderner und zukunftsorientiert. Bis 1948 waren alle Gebäude errichtet und eine Wohnsiedlung für die Mitarbeiter gebaut, die „Dobbelmänner“, die nicht im Krieg geblieben waren oder sich noch in Gefangenschaft befanden, kehrten zu „ihrem“ Unternehmen zurück und man konnte die Produktion, wenn auch zunächst nur in kleinem Rahmen, wieder aufnehmen. Bereits vor dem Krieg wurden bei Dobbelmann in Rees auch schon Pfeifen gefertigt. Dabei handelte es sich vornehmlich um kleinere Shag-Formate und nur wenige, größere Modelle.

Das, nach dem Krieg neu errichtete Bürogebäude an der Emmericherstrasse…die Aufnahme stammt von 1951

Jetzt, nach dem Krieg, war natürlich zunächst einmal kein Bruyereholz erhältlich. Man bediente sich, als Notlösung, heimischer Hölzer, nutzte Buchen-,Apfel- und Kirschholz. Um 1950 war die Belegschaft bereits auf 70 Arbeiter angewachsen, die ersten Bruyereholzimporte trafen ein und Dobbelmann startete die Bruyerepfeifenproduktion in neuen Räumlichkeiten und mit rasch zunehmendem Erfolg.

Eine Dobbelmann Condor.Die Ausführung der Dobbelmann-Pfeifen war eher schlicht, dafür von hoher Fertigungsqualität und aus lange gewachsenem und gelagertem Holz. (Bild: Michael Sauer)

„Großer Mann-Kleiner Mann-Alle rauchen Dobbelmann“ bekam als Werbeslogan wieder Gewicht. Die Dobbelmann-Pfeifen hatten beim deutschen Raucher einen erstklassigen Ruf und auch die Tabake erfreuten sich wieder großer Beliebtheit. Dobbelmann wurde in dieser Zeit einer, der bedeutendsten Anbieter auf dem heimischen Markt. Der „Half and Half“-Tabak sprach dabei, mit feinem Schnitt und typisch holländischer Geschmacksnote, nicht nur die Shagpfeifen-Raucher, sondern auch die Selbstdreher von Zigaretten an und entwickelte sich zu einem Zugpferd im Dobbelmann-Programm. Dazu kam die Lizenzfertigung der Peterson-Tabake.

Der Half en half Holland Shag. Einer, der erfolgreichsten Dobbelmann-Tabake!

Was aber Dobbelmann besonders auszeichnete, war eine moderne Unternehmensstruktur. Gute Bevorratung und Pflege mit und von Rohtabaken und Hölzern, ständige Qualitätsverbesserung und eine flächendeckende Vertriebsstruktur sorgten dafür, dass Dobbelmanns Erfolg ständig wuchs. Trotz der ernstzunehmenden Konkurrenz, auch aus dem Ausland schaffte es Dobbelmann, zwischen 1953 und 1959 seinen Tabakumsatz um 350% (!) zu steigern. In der Rangliste der Unternehmen der Branche brachte es Dobbelmann von der 480. Stelle zu Unternehmensbeginn bis Ende der 50er Jahre  zu Platz 3 unter den bedeutenden Anbietern. 1958 bekam man auf der Weltausstellung in Brüssel sogar eine Ehrenurkunde- die Zukunft schien glänzend zu sein.

Auch im Stammland Holland erfreuten sich die Dobbelmann-Produkte jahrzehntelanger Wertschätzung beim Pfeifenraucher.

Doch, es kam anders. Das Bremer Unternehmen Brinkmann erkannte die wachsende Gefahr durch die Mitbewerber Oldenkott, Niemeyer und Dobbelmann. Geld hatte man in Bremen genug und so versuchte man 1960 die holländische Firma Niemeyer zu übernehmen. Das gelang nicht, also startete man 1962 einen zweiten Versuch. Brinkmann versuchte Dobbelmann zu übernehmen und der Plan ging auf. Unter fadenscheinigen Argumenten schloss Brinkmann die Firma Dobbelmann in Rees zum 15. September 1962 , hatte einen Mitbewerber ausgeschaltet und 80 Menschen um ihren Arbeitsplatz gebracht.

Heute erinnert in Rees nur noch sehr wenig an die ruhmreiche und für die Stadt sehr lukrative Vergangenheit. Ja, es steht eine Kiepenkerl-Statue im Städtchen und über dem Haus „Vor dem Delltor 9“ findet sich das Firmenwappen von Dobbelmann. Wer aber erwartet, dass die Stadt sich der bedeutenden Firmen zumindest mit einem kleinen Museum erinnert, wird enttäuscht.

Eine Dobbelmann im typisch schlanken, zarten Stil, wie er in den 50ern bevorzugt wurde.

Im Jahr 2013 gab es den halbherzigen Versuch eines Kölner Anwalts, den Namen Oldenkott wieder in der Pfeifenwelt heimisch zu machen. Zu diesem Zweck wurde im Reeser „Koenrad Bosman-Museum“ eine Oldenkott-Ausstellung gezeigt, die sich regen Interesses erfreute und bei der die neuen Oldenkott-Pfeifen zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Doch, ihre Ausführung und ihre Verarbeitung waren derart beliebig und lieblos, dass ein Erfolg auf dem Markt verständlicherweise ausblieb. Danach kehrte die bewusste Vermeidung des Themas Tabak, Pfeife und Rauchen zurück. Schade, dass ein so wesentlicher Teil der Stadtentwicklung beflissen verschwiegen wird, nur, weil man vor der angeordneten „Correctness“ einknickt. Mir macht das die Verantwortlichen nicht unbedingt sympathischer.

Eine Dobbelmann „Lincoln“. Man blieb bis zum Schluss auch der traditionellen Shag-Pfeife treu.

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