THERESE VON STERNBACH – PFEIFE UND PATRIOTISMUS

Zugegeben, Pfeife rauchende Frauen sind selbst in heutigen Zeiten für viele Menschen noch ein Grund, sich umzudrehen, um genauer und etwas ungläubig hinzusehen. Während in Dänemark seit den 6oer Jahren Frauen mit Zigarre oder Pfeife wie selbstverständlich zum täglichen Straßenbild gehörten (auch das hat deutlich nachgelassen) ,tut der deutschsprachige Raum sich damit immer noch schwer. Selbst die Zigarette galt noch lange als „unweiblich“. Allerdings ist das kein Vergleich zum anfänglichen 20. oder gar zum 19. Jahrhundert.

Rauchende Frauen waren im 19. Jahrhundert schlicht undenkbar. Die Männergesellschaft reagierte auf diese Vorstellung zumindest ablehnend, oft sogar auf das Bösartigste verurteilend. WENN es denn Frauen gab, die öffentlich eine Zigarre oder gar Pfeife rauchten, galten diese als verrucht, verrufen oder gar revolutionär. Kein Wunder also, dass sich speziell Frauen der feministischen Bewegung  provokant mit Tabakgenuss in der Öffentlichkeit zeigten. So z.B. die Schriftstellerin George Sand, die dem geneigten Leser eventuell auch als zeitweise Lebensgefährtin von Frederic Chopin bekannt sein könnte.

Seltsam ist, dass das Phänomen der Vermännlichung des Tabakgenusses erst mit dem Rauchen begann. In den Zeiten zuvor, wo Tabak nur geschnupft wurde, war es durchaus üblich, dass sich auch die Damen einer Gesellschaft eine Prise gönnten.

Eines,der typischen Spitzner Bilder von Therese. Am oberen Rand findet man aufgedruckt einen Auszug aus ihrem Tagebuch.

Die Frau, von der ich heute erzählen möchte, brachte zu Anfang des 19. Jahrhunderts die „Unmöglichkeiten“ zu einem gemeinsamen, absoluten Gipfel. Sie dachte und entschied selbstständig, war stark, stur und unbeugsam…und überzeugte Pfeifenraucherin !

Die kleine Maria Theresia Obholzer wurde am 20.Mai 1775 in Bruneck  geboren. Als viel umworbene, junge Frau heiratete sie 1799 den Reichsfreiherrn Franz Andreas von Sternbach. Die Ehe war, aufgrund des großen Standesunterschiedes, zwar umstritten, aber glücklich. Therese von Sternbach, wie sie sich inzwischen nannte, bekam einen Sohn, wurde aber schon 1808 zur Witwe.

Hoch zu Roß und trotzdem stets mit der Pfeife „bewaffnet“

Es war eine düstere Zeit in weiten Teilen Europas, die napoleonischen Kriege wüteten allerorten. Wer nun glaubte, dass die arme Witwe von Sternbach der Situation schutzlos ausgeliefert gewesen wäre, sah sich schnell getäuscht. Nicht nur, dass Therese das Gut erfolgreich weiterführte, sie legte wegen der unsicheren Situation auch große Vorräte an.

Ihre Heimat Tirol war schwer geplagt und geprüft, zu dieser Zeit. Von den Bayern und den Franzosen besetzt und ausgeplündert und von den eigenen, österreichischen Truppen verlassen, formierte sich der eigene Tiroler Widerstand. Die vornehmlich habsburgisch gesonnene Bevölkerung unterstützte die Freiheitskämpfer um Joseph Speckbacher, Martin Teimer und Andreas Hofer mit den wenigen Mitteln, die ihr blieben, während der Adel sich vornehm abwartend aus dem Geschehen heraushielt.

Andreas Hofer, sicher heute der prominenteste, Tiroler Widerstandskämpfer

Nicht so die Baronin Therese von Sternbach. Als glühende Patriotin unterstützte sie den Widerstand nach Kräften- was sie schnell ins Fadenkreuz der Besatzer brachte.

Seit Beginn ihrer Unterstützung für den Tiroler Freiheitskampf führte Therese Tagebuch. Dank ihrer Aufzeichnungen kann man ihre Aktionen zu dieser Zeit gut nachvollziehen. Außerdem werden diese Tagebücher für uns Pfeifenraucher im Fortgang dieser Geschichte noch wichtig- ja, sogar ein wenig mysteriös!

Nachdem Therese 1809 ihre Landsleute öffentlich mit den Worten:“Tiroler vorwärts! Für Gott, das Vaterland und den Kaiser Franz!“ zu verstärktem Widerstand aufrief und daraufhin noch dem Freiheitskämpfer Speckbacher ihren gesamten Viehbestand zur Verpflegung seiner Truppen überlies, hatten die bayrischen Besatzer genug. Eine Kompanie Soldaten wurde in Marsch gesetzt, um Therese zu verhaften. Das man bei dieser Gelegenheit im Schloss Mühlau auch noch ein groß angelegtes Waffenversteck fand , verbesserte Thereses Situation nicht gerade.

Auszüge aus ihrem Tagebuch, in gedruckter Form bis heute erhältlich.

Über Innsbruck verbrachte man sie nach München, wo ihr der Kerkermeister mitteilte, dass sie am nächsten Morgen um fünf Uhr gehängt würde.

Ihre Reaktion beschränkte sich auf den Satz:“Dann hängt mich wenigstens mit dem Gesicht nach Österreich zu…und mit dem Rücken nach Frankreich!“

Nun, es stellte sich am nächsten Tag heraus, dass der Kerkermeister lediglich einen „Scherz“ machen wollte, Therese überlebte, verblieb aber vier, sehr unsichere Wochen in München, um danach 20 Wochen in der Festung Straßburg eingekerkert zu werden. Nach ihrer überraschenden Freilassung, am 14.Februar 1810, war sie im März wieder zurück auf ihrem Schloss. Seit dieser Zeit schwieg ihr Tagebuch. Lediglich im Jahre 1821 tauchte ihr Name noch einmal auf, als sie im Namen des Kaisers in Wien die Ehrenmedaille für ihren „Patriotismus in Handlung und Gesinnung“ erhielt. Eine ebenso späte, wie erbärmliche Reaktion des Hofes.

Gut Mühlau, wie es sich in heutiger Zeit darstellt.

Um 1823 beauftragt Therese den Wiener Maler Franz Spitzner, Illustrationen zu ihren Tagebucheintragungen anzufertigen. Die Bilder sind klar, sachlich und naturalistisch. Sie zeigen Therese von Sternbach in verschiedensten Lebenssituationen. Hier wird es dann für den Pfeifenfreund besonders interessant. Therese war nämlich scheinbar eine Pfeifenraucherin par excellence.

Auf beinahe jedem Bild hält Therese ihre Gesteckpfeife. In der Hand, im Mund oder die Pfeife befindet sich stets sichtbar in ihrer Nähe. Ob hoch zu Pferd, im Gefangenentransport nach München oder in ihrer Arrestzelle der Feste Straßburg. Sie berichtet in ihrem Tagebuch auch immer wieder von Pfeifenmomenten. So schreibt sie zu ihrer Verhaftung, dass sie nicht durch die beiden Wachen mit blankem Säbel verärgert war, wohl aber darüber, dass man ihr den Tabak konfiszierte, den sie kurz zuvor vom Laden bringen ließ. Über ihre Zeit im Arrest schreibt sie, dass sie „guten Gemütes war ,weil sie sich die Zeit mit Lektüre und ein paar Pfeifenfüllungen verschönerte“

Bei ihrer Ankunft mit dem Gefangenentransport in München beschimpft und angespuckt, aber stolz mit glimmender Pfeife.

. Für viele von uns sicherlich gut nachvollziehbar. So also gibt es kaum ein Bild der Baronin ohne Pfeife. Wenn das nicht ein Grund ist, diese mutige Frau auch heute noch hochleben zu lassen.

Wieso aber sprach ich eben von „mysteriös“? Nun, auf etlichen Bildern sind, außer der Baronin, viele Menschen zu sehen-vornehmlich Männer. Nach dem Durchzug der napoleonischen Heere war das Rauchen allgemein sehr weit verbreitet…doch keine andere Person raucht auf den Bildern, nur und ausschließlich Therese von Sternbach. Es gibt keine Aufzeichnungen, keine Erklärung dafür, warum das so ist. Man könnte annehmen, dass sie damit ihren unbeugsamen Status unterstreichen wollte. Doch, für Therese war das Rauchen so selbstverständlich, dass sie es wohl nicht als Symbol angesehen hat. Diese Frage wird also unbeantwortet bleiben.

Therese von Sternbach verstarb am Morgen des 5.April des Jahres 1829, auf ihrem Gut in Mühlau. Verbrieft ist es zwar nicht, ich würde mich aber nicht wundern, wenn man ihr ihre geliebte Gesteckpfeife mit ins Grab gegeben hat.

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