CORRIEU COGOLIN – Lebendige Pfeifentradition

Es verwundert immer wieder, wie sehr es das Denken der deutschen Pfeifenfreunde auf die britischen Inseln zieht, wenn es um die Tradition und die Geschichte der Bruyere-Pfeife geht.

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Ihre Wiege stand tatsächlich aber im französischen Jura, dort begann auch die große Verbreitung, von dort kamen die ersten Maschinen, die genug Pfeifen produzieren konnten, um diese Verbreitung überhaupt zu ermöglichen und dort fertigen noch immer Firmen der ersten Stunde ihre Rauchgeräte.

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Ein Grund dafür, dass uns Namen, wie Dunhill oder Peterson trotzdem als erstes in den Sinn kommen, wenn es um Pfeifenbau-Historie geht, ist sicher das bessere Marketing. Es basiert vor allem auf Kontinuität. Alfred und Alfred H. Dunhill, Charles Peterson, Frederick Charatan, Joel Sasieni…über lange Jahrzehnte waren die Galionsfiguren des britischen Pfeifenbaus die gleichen. Sie setzten ihre Produkte an den richtigen Verbreitungsstellen ein, investierten viel in ihren Ruf und arbeiteten konstant an den Märkten, auch am deutschen Markt.

Ganz im Gegensatz dazu die Franzosen. Wenig Zusammenarbeit, Zusammenschlüsse waren, wenn es sie gab, recht unübersichtlich und bisweilen halbherzig. Man verstand es nie, aus St.Claude, der Geburtsstadt der Bruyere-Pfeife, wirklich eine Marke zu machen. Zumal fehlten die Zugpferde.

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Natürlich gab es auch hier prägende Persönlichkeiten. Gustave Butz, Jean-Baptiste Choquin oder die Familien Chapuis und Comoy – große Namen in der Pfeifenwelt, letztlich aber eher den intensiveren Kennern geläufig. Was fehlte? Wohl das, was man heute „Brand Awareness“ nennen würde. Es wurde schlicht zu wenig für die Bekanntheit der Marken und für beeindruckende Geschichten um die Personen dahinter gesorgt. Speziell auch auf dem deutschen Markt, der seit jeher von den Franzosen eher stiefmütterlich behandelt wurde.

Die Vielfalt zahlloser, kleiner Pfeifenmanufakturen ist in St.Claude längst dahin. Niemand in der Pfeifenwelt würde mehr von dem Ort reden, wären Chacom und Butz-Choquin nicht wegen ihres Fachpersonals an das 10.000 Seelen-Städtchen gebunden. Kleine Familienbetriebe gibt es hier schon lange nicht mehr. In ganz Frankreich nicht mehr ? Doch, ganz im Süden leistet ein kleines, gallisches Dorf der industriellen Übermacht immer noch Widerstand!

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Mit der immer mehr aufkommenden Nachfrage nach Bruyere-Holz fasste der Bauer Ulysse Corrieu 1802 in Cogolin, einem Nachbardorf von St.Tropez, einen Plan. Er wollte es nicht bei der Ernte von Bruyere-Knollen und ihrem Verkauf nach St.Claude belassen, sondern beschloss, selber Pfeifen zu produzieren. So entstand die kleine Manufaktur Corrieu Cogolin, mit dem stolzen Hahn als Markenzeichen, dem Vogel, der auch in seinem Heimatstädtchen als Wappentier diente und immer noch dient. Ihm folgten, bis zum Jahr 1880, viele weitere Kleinmanufakturen am Ort, die der Zahn der Zeit aber längst wieder zu einem Stück Pfeifengeschichte gemacht hat.

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Nicht so bei Corrieu. Hier fertigt man immer noch und mittlerweile seit 216 Jahren Rauchgeräte aus den Bruyere-Knollen, die man im Massif des Maures und im Golf von St.Tropez erntet. Die Vorbereitung des Holzes, die Fertigung der Pfeifen, das Wissen um diese Dinge- all`das entspringt gewachsener Erfahrung und wird von Generation zu Generation weiter vermittelt. Ein Familienbetrieb, wie er waschechter nicht sein kann und eine sehr gute Adresse für die Freunde traditionell gefertigter Pfeifen.

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Was bedeutet das nun? Was erwartet den Interessenten bei einer Corrieu-Pfeife?

Zunächst muss man wissen, dass die Franzosen stolz auf Produkte sind, die in ihrem Land gefertigt werden. Noch stolzer, wenn sie sie selbst gefertigt haben. Das ist weder verwerflich, noch sollte man sich darüber lustig machen. Sagen wir, sie haben von DEM etwas zu viel, von dem wir Deutschen wesentlich zu wenig haben. Der Stolz des Hauses Corrieu ist die Spitzenlinie, die auf den Namen „Flamèe“ hört. Zum Teil sehr schöne Hölzer, die der moderne und verwöhnte Pfeifen-Gourmet aber sicher ohne zu zucken auch in die Strahlung halten könnte. Die selbstbewusste Auspreisung von 155 Euro hinterlässt dadurch einen, zwiespältigen Eindruck.

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Darunter aber wird es spannend. Kenner, die sich vom Tanz um das goldene Grain-Kalb lösen können und Pfeifen aus dem wirklich guten und haltbaren Kernholz der Knolle zu schätzen wissen, werden in der Serie „Demi Flamèe“ sicher fündig, zumal es klassische Shapes, wie aus dem Bilderbuch, zuhauf gibt. Für die verlangten 59 Euro sicher nicht nur einen Versuch wert.

Wer die Qualität und Verarbeitung einer, nach klassischen Gesichtspunkten gefertigten, Pfeife erst einmal testen möchte oder schlicht einfache Gebrauchspfeifen von solider Machart sucht, sollte sich die Serie „Extra Supèrieur“ ansehen, die für 39 Euro feines Rauchwerkzeug bietet. Ob der Name für die einfachste Linie nicht ein wenig „dick“ aufgetragen ist? Nun, siehe weiter oben, Produktstolz, Sie wissen schon.

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Frei erfundene Geschichten über Produktionsstandorte? Etikettenschwindel? Qualitätsminderung zur Gewinnmaximierung? Chrom, Glas und Blendwerk? Nein, das finden Sie bei Corrieu nicht. Hier geht es um traditionellen, handwerklichen Pfeifenbau- um sonst nichts. Sie bekommen, was Sie sehen. Brimborium ist die Sache der Familie Corrieu nicht. Das Festhalten an alten Prinzipien erkennt man auch daran, dass immer noch jede Pfeife mit einem Metallfilter, einem „Rauchkühler“ ausgeliefert wird. Das sind diese, der Tröpfchenbildung durch Kondensation brav gehorchenden, Metallröhrchen, über deren Nutzlosigkeit sich schon Generationen von Pfeifenrauchern ausgetauscht haben. Man kann sie aber entfernen. Die Nachrichten für Filterfreunde sind nicht ganz so gut. Gelegentlich gab und gibt es Teile der Kollektion mit Filterkammer, viele Modelle bieten aber auch so viel „Fleisch“, dass ein Umbau möglich sein sollte.

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Dieser Umbau lohnt sich. Denn, wohlgemerkt dient meine Vorstellung der Firma Corrieu nicht als Einkaufstip für Schnäppchen-Jäger. Die sollten sich ruhig weiterhin mit No Names aus dem Internet versorgen. Sie soll auch nicht Hinweis für die „Retro-Fans“ sein, denn die suchen Pfeifen mit klassischen Qualitäten, kombiniert mit der Perfektion moderner Fertigung…und sie werden noch lange suchen, denn solche Pfeifen gibt es nicht.

Mein Tip gilt denen, die noch traditionell in Handarbeit gefertigte Klassiker zu schätzen wissen. Pfeifen mit der etwas rustikalen Anmutung früherer Tage, die aber ein erstklassiges Raucherlebnis bieten und die Sicherheit, nicht irgendwelche Nachahmungen zu rauchen, sondern Originale. Pfeifen, die sich keinen Deut um die Moderne scheren und nur dem Motto des Hauses folgen: Schönheit, Qualität und Leichtigkeit…und die mittlerweile sogar in Russland und China beliebt sind. Letztlich sind die Pfeifen mit dem silbernen Hahn sogar Fernsehstars geworden. Der Hauptdarsteller der französischen Fernsehserie „ Maigret“ rauchte ebenfalls Pfeifen aus dem Dorf am Meer. Chapeau, Monsieur le Commissaire!

 

Zu finden unter : http://www.courrieu-pipes.com

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